Es ist des Schriftstellers Enkelin, der wir dieses opulente Buch über Hemingway verdanken. Hier wird die Welt jenes Dichters heraufbeschworen, dessen archaische Lebenslust seit den 50er-Jahren Menschen Staunen macht. Das unbändige Künstlerleben Hemingways ist heute so nicht mehr vorstellbar und fasziniert, weil neben den Abenteuergeschichten auch der knappe Ton seiner Romane die Intensität des eigenen Erlebens glaubhaft widerspiegelt.
Das Buch belegt mit einer Fülle von Fotografien und Dokumenten die wichtigsten Lebensabschnitte sowie das persönliche und künstlerische Geschehen: Man bestaunt den Krieger, den Großwildjäger und Motorflieger sowie den Liebhaber schöner Frauen und unwirtlicher Landschaften. Wie Picasso ist Hemingway vom inzwischen verpönten spanischen Stierkampf angezogen. Zentrales Werk seines Erzählens wird das Buch über den Stierkampf mit dem lapidaren Titel "Tod am Nachmittag", das 1932 erschien. Es ist das Mythische, das ihn anzog, ob beim Stier oder beim Meeresfisch, der in der Novelle "Der alte Mann und das Meer" seine endgültige Beschreibung findet. Er ist immer Augenzeuge des Todes und dichtet darüber mit großer Leidenschaft.
Mit Spannung erlebt Hemingway das Paris der 20er-Jahre, das er ohne Geld in kärglichen Unterkünften und mit frugalen Mittagessen, aber stets im Kreise seiner Künstlerkollegen genießt. Zu seinen Freunden zählen Ezra Pound oder Scott Fitzgerald, über den er schreibt, sein "Talent war so natürlich wie das Muster, das der Staub auf den Flügeln eines Schmetterlings bildet". Vielleicht dachte Hemingway dabei auch an sich selbst. Denn in diesen jungen Jahren fiel ihm das Schreiben leicht. Anders erging es ihm Ende der 50er-Jahre. Der durch permanenten Alkoholkonsum strapazierte und durch zwei Flugzeugabstürze lädierte Körper verliert die künstlerische Schaffenskraft. Im Juli 1961 erfolgt das selbst gewählte Ende. Die Bildbiografie mit einfühlsamen Texten von Boris Vejdovsky erzählt ein Dichterleben als schillerndes Kaleidoskop des 20. Jahrhunderts.
Ernest Hemingway in Bildern und Dokumenten. Herausgegeben von Mariel Hemingway Edition Olms, 49.95 Euro, 208 S.
In "Aufgeblättert" stellen im Wechsel Rainer Moritz (Literaturhaus), Annemarie Stoltenberg (NDR) und Wilfried Weber Bücher vor.