Komik war lange Männersache, dann lachte man über hässliche Frauen. Heute sind Komikerinnen attraktiv und witzig. Wir finden das lustig.

Hamburg. Wenn am Donnerstag der US-Film "Brautalarm" in die deutschen Kinos kommt, dann ist das nicht einfach nur der Start der x-ten Komödie in diesem Jahr. Es ist mehr als das. Es ist die Emanzipation der Komikerinnen, die in den USA begonnen hat und sich langsam nach Deutschland durchsetzt, wie fast jeder gesellschaftspolitische Trend. Frauen dürfen heute komisch sein. Auch die, die nicht hässlich sind.

Die neuen Sterne am US-Komikhimmel sind jung und hübsch. Sie heißen Sarah Silverman, Tina Fey, Amy Poehler oder Kristen Wiig. Viele dieser Komikerinnen haben bei der Comedy-Show "Saturday Night Live" begonnen. Sie haben inzwischen eigene Shows, schreiben sich Filmdrehbücher, sind viel gefragt und leben von bitterbösen Wortwitzen. Kristen Wiig spielt in "Brautalarm", für den sie auch das Drehbuch geschrieben hat und den sie koproduziert.

Aber vergessen wir mal kurz politische Korrektheiten und behaupten: Männer sind witziger als Frauen. Ist doch klar. Schließlich verfügen sie seit Jahrhunderten über mehr Erfahrung, was Performance und Präsentation angeht. Zu Teilen ist das größere Komikpotenzial der Männer darauf zurückzuführen, dass sie nun einmal mehr Freiheiten besaßen als die Frauen. Komik ist immer auch Anarchie, ist Widerstand, Grenzüberschreitung, der Mut zur Hässlichkeit, sich kindlich zu gebärden, sich unbeliebt oder lächerlich zu machen. Welche Frau durfte, sollte und wollte so etwas? Zu anderen Teilen jedoch müssen Männer einfach witziger sein als Frauen, weil das ihre Attraktivität steigert. Frauen haben vieles, sehr vieles, das Männer anspricht.

Aber was haben Männer, das Frauen hinreißend finden? Ganz richtig: ihren Humor. Fast jede Frau, die sich in einen neuen Mann verguckt hat, schwärmt ihrer Freundin vor: "Und er ist so witzig." Kann man sich das umgekehrt unter Männern vorstellen? "Sie ist so witzig." Natürlich nicht. Witz ist wohl für Männer ein ähnliches Statussymbol wie Schönheit für Frauen - viel hilft viel. Es gibt unzählige Männer, die alles dafür geben, eine Frau zum Lachen zu bringen. Zu einem Lachen, bei dem sie den Kopf zurückwirft, den Mund aufreißt, sich schüttelt und sich wirklich fallen lässt. Weitere Einzelheiten müssen hier nicht erläutert werden. Frauen haben keine korrespondierenden Bedürfnisse, Männer in eine ähnlich entspannte Situation zu versetzen.

Humor und Frauen, das ist ein sensibles Thema seit Anbeginn der Zeit, als die erste Frau einen Witz machte. Im Buch Genesis schenkt Sara Abraham einen Sohn. Sie nennt den Sohn Isaak, was im Hebräischen "lachen" bedeutet. Abraham ist im Moment von Isaaks Geburt 100 Jahre alt, Sara 89. Dass es Isaak gibt, empfand Sara wohl zu Recht als komisch. Von Abrahams Reaktion ist nichts bekannt. Frauen lachen allerdings nicht nur über Männer, weil sie sie unglaublich und unwiderstehlich witzig finden. Weibliches Lachen wird auch als Belohnung eingesetzt. Es signalisiert dem Mann, dass er alles richtig macht. Ist eigentlich so etwas wie der Hering, den der Seehund nach dem Kunststück bekommt.

In der Geschichte der Komik sind Frauen rar vertreten. Es gab keine weiblichen Nestroys oder Chaplins, keinen Buster Keaton, Dick und Doof, Karl Valentin, Jerry Lewis, Woody Allen, Heinz Erhardt, Loriot oder Otto. Erst in den letzten beiden Jahrzehnten tauchen vermehrt Frauen auf, die als Komikerinnen arbeiten. Bei uns sind das die wie ein Solitär herausragende Anke Engelke, aber auch Cordula Stratmann, Cindy aus Marzahn oder Desirée Nick kennt man. An Trude Herr, Liesl Karlstadt, Helga Feddersen und Evelyn Hamann erinnert man sich. In den USA gibt es inzwischen Listen mit mehr als 50 herausragenden Komikerinnen, die sich unschwer verdoppeln ließen.

Was ist da also in den vergangenen Jahren anders geworden? Dürfen und wollen Frauen jetzt auch hässlich und gemein auf der Bühne sein, sich über die Unzulänglichkeiten des Lebens mokieren und dabei Grimassen schneiden? Möglicherweise ist das ein Teil der Erklärung. Vergessen wir aber nicht, dass es anfangs auch in den USA vor allem die Außenseiterinnen waren, die sich auf die Bühnen und ins Fernsehen trauten, um dort komisch zu sein. Whoopie Goldberg war schwarz, Roseanne Barr dick und Ellen DeGeneris lesbisch. Und dass jüdischer Humor auch unter Frauen üblich ist, haben Autorinnen und Filmregisseurinnen wie Nora Ephron ("Harry und Sally", "Schlaflos in Seattle") und Elaine May ("Tootsie", "Ein Käfig voller Narren") bewiesen. Sie haben den Weg bereitet für alle, die nach ihnen kamen.

Natürlich hängt das steigende Komikerinnen-Angebot, wie so vieles, auch mit dem Feminismus zusammen. Unerklärlicherweise haben sich ja Männer immer als das Maß aller Menschen betrachtet, sozusagen als deren Prototyp. Frauen waren "das Andere". Alles Mögliche wurde ihnen angedichtet von Hormonschüben, die sie am klaren Denken hindern würden, bis zu Hysterien und Behinderungen jeglicher Art.

Da nun Komik stets aus einem Kontrast gegenüber dem Normalen entsteht, war es für Männer immer leicht, etwas zu treiben, das das Bild des Idealmannes konterkariert. Schon äußerlich. Zu groß und zu klein nebeneinander, zu dick und zu doof, um noch als normal zu gelten, niemals lachen (Buster Keaton), zu große Schuhe (Clowns), riesige Nasen, Piepsstimmen, Schielaugen - jegliche körperliche Auffälligkeiten gelten als Garant der Komik, wenn man sie gezielt dazu einsetzt. Ganz zu schweigen von Watschelgängen, stolpern, schliddern, verheddern oder sonst wie ungewöhnlichen Handhabungen von Gliedmaßen, die dem Bild von der Erhabenheit des Menschen entgegenstehen.

An welchem Maß aber hätten Frauen sich messen sollen, da sie doch vom Großteil der Männerwelt sowieso gerne als "Frauen sind irgendwie komisch" (also eigentlich: ein Witz) eingestuft wurden? Als witzig oder körperlich ungewöhnlich gestaltet wollte das männliche Publikum Frauen jedenfalls nicht sehen. Allenfalls die komische Alte, die Keifziege, die freche Magd oder Köchin hatte eine Berechtigung. Schaut man sich heute alte Filme an, dann sieht man als komische Frauen Grethe Weiser mit der schnodderigen Berliner Schnauze, die kleine dicke Liesl Karlstadt, die an den Unsinnsmonologen ihres dürren Partners Karl Valentin verzweifelt, den Wonneproppen Trude Herr und "die mit den Zähnen" - Ulknudel Helga Feddersen. Keine Frauen, mit denen sich die Normalbürgerin identifizieren mochte.

Seit ein paar Jahren ist nun alles anders. Frauen können komisch sein und dabei gut aussehen. Oder auch nicht. Genauso wie Männer eben. Tina Fey aus der US-Serie "30 Rock" ist so ein Beispiel. Spätestens seit sie im letzten Wahlkampf die Republikanerin Sarah Palin bis zum Verwechseln ähnlich imitiert hat, liebt man sie auch hier.

Ein anderer Teil der Erklärung dafür, dass es in letzter Zeit so viel mehr Komikerinnen gibt, liegt darin, dass inzwischen der Wortwitz viel wichtiger geworden ist als die Körperkomik. Es gibt zwar immer noch die "Jungswitze", die davon leben, dass sie sich grobschlächtig über Ausscheidungen, sexuelle Frustrationen oder Tollpatschigkeiten auslassen. Am liebsten auf Kosten von anderen. Filme wie "Hangover" oder "American Pie" gehören dazu. Aber es gibt eben auch Satire, Sarkasmus, Imitation, Sprachspäße. Und die funktionieren, ob sie nun von Männern oder Frauen dargeboten werden.

Anders als etwa Mario Barth, dessen Komik davon lebt, dass sie Menschen in Klischees presst und damit unlebendig, also wider die Natur, erscheinen lässt, leben Kristin Wiig und Co. davon, dass sie gerade die Lächerlichkeit menschlicher Verhaltensweisen betonen. Eifersucht, Missverständnisse, falsche Erwartungen, Unfähigkeiten - all das hat komische Seiten. Wir erkennen uns in diesen Figuren wieder und lachen mit ihnen und nicht über sie. Kristen Wiig hat mit "Brautalarm" bereits mehr als 200 Millionen Dollar eingespielt. Im Film hat sie gerade ihren Job und ihren Freund verloren. Sie ist komisch und sagt garantiert das Richtige zum falschen Zeitpunkt. Haben wir so jemand nicht alle gern als Freundin?