Wie Hamburgs beliebteste Radiosender um Zuhörer werben

Hamburg. Das Radio ist tot, es lebe das Radio. Die aktuelle Reichweitenmessung der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein zeigt, dass der Hörfunk immer noch zu den reichweitenstärksten Medien gehört, trotz wachsender Audioangebote im Internet.

In der Marktanteilmessung liegt NDR 90,3 diesmal mit 20,5 Prozent knapp vor Radio Hamburg (20,4 Prozent) - allerdings gilt das nur, wenn man alle Tage einer Woche zählt, also von Montag bis Sonntag. Im Zeitraum von Montag bis Freitag liegt Radio Hamburg mit 21,3 Prozent vor NDR 90,3 mit 19,2 Prozent. Geschuldet ist das vor allem der beliebten "Morningshow" von Radio Hamburg mit Moderator John Ment mit Spitzenwerten von 323 000 Hörern. Seit rund 20 Jahren gibt er eine Art Peter Klöppel bei dem Privatsender. Dieser weiß um den Beliebtheitsgrad des 48-jährigen Moderators: "Er hat als Person einen beachtlichen Anteil am Erfolg von Radio Hamburg", sagt Programmdirektor Marzel Becker. Dass die morgendliche Sendung personenbezogen ist, wertet er als Vorteil. "Moderatoren sind wie gute Freunde, die man täglich in seine vier Wände lässt", sagt er - "auch wenn man manchmal nicht mit ihrer Meinung übereinstimmt oder sich über sie ärgert."

Durchschnittlich 679 000 Menschen hören täglich Radio Hamburg, damit liegt der Sender vor NDR 90,3 mit 452 000 und alster radio 106,8. Diesen anhaltenden Erfolg begründet Marzel Becker mit Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und der richtigen Musikauswahl. Wichtig sei, dass sich die Masse der Hamburger mit den Themen identifizieren könne. Auch der Redebedarf der Hörer sei gestiegen, weshalb man beim Privatsender mit einem neuen Format experimentiert - einer Talkshow. "Brandt 2020", moderiert vom ehemaligen Pro7-Programmdirektor Borris Brandt, soll die Hörer mit Aufreger-Themen abends vors Radio locken.

Bei der Konkurrenz von NDR 90,3 ist der Morgen ebenfalls die sendestärkste Zeit, Hochphasen gibt es aber auch bei Formaten wie "Zur Sache" am Mittag sowie dem "Abendjournal" um 18 Uhr. Auch an der Musikmischung wurde gefeilt, mehr Mitsing-Hits eingebaut. "Unser Erfolg liegt in der Nähe zu den Hamburgern", sagt Sabine Rossbach, Direktorin des NDR Landesfunkhaus Hamburg. "Unsere Nachrichten sind serviceorientiert und begleiten unsere Hörer im Alltag. Wir haben uns ihr Vertrauen erworben, sie wissen, dass wir vor Ort sind, wenn etwas Wichtiges in Hamburg passiert." Durch die Talk-Formate wie "Zur Sache" werde außerdem die Bindung der Hörer gestärkt.

Eine wichtige Säule für NDR 90,3 ist und bleibt deutsche Musik, besonders Schlager. "Schlager ist eine schöne Musikrichtung, die viele Liebhaber durch alle Gesellschaftsgruppen hat", sagt Rossbach. Vier bis fünf deutsche Titel werden derzeit pro Stunde im Wechsel mit Oldies gespielt. Ein Vorteil für NDR 90,3 könnte auch die Zielgruppe sein, die beim NDR deutlich älter ist als bei Radio Hamburg. Der Durchschnittshörer von NDR 90,3 ist knapp 60, bei Radio Hamburg liegt das Durchschnittsalter bei knapp 40 Jahren. Die Analyse der Medienanstalt zeigt, dass die Hördauer der ab 50-Jährigen bei durchschnittlich knapp vier Stunden an einem Werktag liegt, die 14- bis 49-Jährigen kommen auf weniger als zwei Stunden.