Der kanadische Top-DJ und Produzent Tiga ( “I Wear My Sunglasses At Night“) aus Montreal legt am 15. Juli im Hamburger Baalsaal auf dem Kiez auf.

Menschen, die nachts ihre Sonnenbrille tragen, werden zumeist nicht als sonderlich sympathisch eingestuft. "Proll", denkt der eine, "eingebildeter Poser" der andere. Menschen, die etwas zu verbergen haben: Während sie im angesagtesten Klub an der Wand lehnen, mit einem abgestandenen Bier in der Hand, vielleicht sogar trotz Rauchverbots eine Zigarette qualmen, verstecken sie ihre in den Augen abzulesende Uncoolness hinter getönten Scheiben. Vor zehn Jahren war das Stück "I Wear My Sunglasses At Night" des Kanadiers Tiga dennoch ein Hit.

Der in Montreal geborene DJ und Produzent nahm dazu einfach das gleichnamige Stück des Popstars Corey Hart, der bereits 1984 einen Hit mit diesem Statement landete, und überführte den kitschigen 80er-Sound aus Synthies und künstlichen Gitarrenriffs in ein reduziertes Technogewand. Hinter seiner Lockerheit brodelnd, reduziert und cool, als würde der Sound selbst eine Sonnenbrille tragen.

Doch Tiga James Sontag gehört nicht zu diesen Ibiza-DJs, die einfach einen Partykracher aufs Parkett schleudern und dann dick abkassieren. Tiga ist selbst gemacht, jemand, für den die Party zur Lebensgeschichte wurde.

Schon sein Vater arbeitete erfolgreich als DJ und nahm Tiga bereits in jungen Jahren auf Weltreisen mit. Er lebte lange Zeit in Indien, lernte die Welt kennen, das Geschäft, die Leidenschaft, die Kunst. Zurück in Montreal wird ihm die Kunst- und Musikszene schnell zu klein. Also organisiert er Rave-Partys und ist in den 90ern Besitzer des renommierten Klubs Sona.

Es ist schwierig, an neue, besondere Platten zu kommen, also eröffnet er einfach selbst einen Plattenladen. Ihm gefällt der ganze Kram nicht mehr, also gründet er kurzerhand ein Label: Turbo Recordings. Die Künstler, die hier unter Vertrag stehen, sind nur in Szenekreisen ein Begriff: Adam Beyer, Cari Lekebusch oder Jesper Dahlbäck, FPU oder Jori Hullkonen. Weltweites Aufsehen erregte Tiga allerdings vor allem mit seinen Remixen, die zum Teil aus dem direkten Clubumfeld kommen (Felix Da Housecat, Märtini Brös.) oder für Popgiganten geregelt wurden: Moby, Depeche Mode, The Killers, Pet Shop Boys - die Liste ist lang und liest sich bis ins Kleingedruckte ausgezeichnet.

Ähnlich gut kam auch sein Mix für die Serie "DJ-Kicks" an, bei der namhafte DJs bekannte Stücke ineinanderlaufen lassen, zerhacken, kleben und flicken, schneller abspulen, vor, zurück, Sample an Sample. In Tigas Fall ist das ein ganz krudes Durcheinander: 2Raumwohnung, Le Tigre, jede Menge gänzlich Unbekanntes, Soft Cell, Achtziger, alles zusammengehalten von hohen Beats-per-Minute-Zahlen und dem Blick auf den Dancefloor. Und so sieht Tiga auch den Sinn seiner Berufung.

Der DJ ist ein Filter für die Unwissenden, der ein Gespür für das Jetzt hat: "Der DJ ist der große Checker, ein Phänomen der Zeit, ein Kultur-Filter. Er kämpft sich durch Berge von Veröffentlichungen, selektiert, und wenn er gut ist, haben die Leute Vertrauen zu ihm. Einerseits ist die Aufmerksamkeit, die ein DJ bekommt, nicht verdient, da er mit fremden Material arbeitet, also gar nicht sonderlich kreativ sein muss. Andererseits kann er 10 000 Leute zum Tanzen bringen."

10 000 Leute werden es nicht im Hamburger Baalsaal, aber dunkel und heiß wird es sein, schnell und laut und ordentlich verschwitzt, zwischen unberechenbaren Klängen. Man darf gespannt sein, wie viele Fans ihre Augen mit einer Sonnenbrille versehen.

Tiga Fr 15.7., 24.00. Baalsaal (S Reeperbahn), Reeperbahn 25, Eintritt 13,-; www.myspace.com/officialtiga