Seit Jahren versucht man Gerd vom Soul zu überzeugen, bislang vergebens. Schon seine Eltern schoben immer wieder Soulplatten unter seiner Zimmertür hindurch, in der Hoffnung, mit dem Soul kämen auch die Gefühle zu ihrem Sohn. Suchten ihm schwarze Freundinnen, die nach Baumwolle rochen. Sangen nachts traurig an seinem Bett - doch es half alles nichts, Gerd schien unbesoulbar.

Dabei war er wie geschaffen für Soul - diese Sehnsucht, diese Leidenschaft. Gerne stand Gerd an der Elbe und schrie Lieder über das Wasser über das Wasser. Zog sich im Anschluss das Hemd aus und wirbelte damit, um fremde Schiffe anzulocken, während der Wind seinen mit schwammiger Männlichkeit überzogenen Leib leicht vibrieren ließ. War er betrunken, trat das Wasser über die Ufer seiner Augen. Dazu kam seine bräunliche Haut, von der sich niemand erklären konnte, woher sie kam. Ständig tänzelte er, kaum klang es irgendwo auch nur ein bisschen nach Musik.

Doch Gerd mochte Rock. Mochte Shantys. Am liebsten beides in Kombination. Und wenn sein Vater sagte, Soul, das sei Gefühl, und Gefühl sei wichtig, gerade für einen Mann, so sah Gerd ihn nur verständnislos an. Durch eine Brille, durch die er vier Augen zu haben schien - was die Verständnislosigkeit nur noch verstärkte.

Auch seine Eltern hatte Soul lange gehasst. So wie viele Hamburger. Denn Hamburg und Soul, das scheint auf den ersten Blick nicht zusammenzugehen. Der Soul, diese Musik gewordene Gefühlsduseligkeit, und der Hamburger, der es versteht, Euphorie auszudrücken, ohne mit der Wimper zu zucken. Es ist der Hartnäckigkeit einiger DJs zu verdanken, dass Soulmusik heute in Hamburg so populär ist wir nirgends. Das Detroit des Nordens wird es genannt. Alle hier lieben Soul - nur Gerd nicht. Aber man gibt nicht auf, und so wird es am 14. Juli wieder einen Abend unter dem Motto Soul für Gerd im Yoko Mono geben. Mal sehen, ob er sich da bekehren lässt.