Hamburgs freie Tanzszene trifft sich beim DanceKiosk und präsentiert vom 13. Juli bis zum 23. Juli im Hamburger Sprechwerk ihre Arbeiten.

Sprechwerk. Das rauschende Fest der Hamburger Ballett-Tage in der Staatsoper ist zu Ende gegangen. Aber mit dem Tanz in Hamburg ist es deshalb noch lange nicht vorbei. Vielmehr geht er jetzt richtig los - beim DanceKiosk. Da treffen ab heute Tanzkünstler aus der lokalen freien Szene auf ihre Kollegen und auf internationale Gäste. Sie zeigen mit ihnen jeweils an zwei Abenden ein Programm mit kurzen Soli und Duetten, Gruppenchoreografien und Performances.

Die künstlerische Leiterin Angela Guerreiro hat beim DanceKiosk dem Tanz in Hamburg bereits mehrfach ein Präsentationsfenster geöffnet, um Newcomer vorzustellen und mit dem europäischen Projekt "Dance Beyond Borders" Tänzern wie Publikum einen Einblick zu geben in zeitgenössische Diskurse und die interdisziplinären und transkulturellen Tendenzen in der Tanzkunst.

Führte sie in den beiden vergangenen Kiosken einen Dialog mit dem modernen Tanz in Afrika, rückt sie in der diesjährigen sechsten Ausgabe bis zum 23. Juli die Hamburger Tanzschaffenden ins Zentrum.

Alexandra Denk zum Beispiel hat beim Hamburg Ballett getanzt und ist in Choreografien von John Neumeier ("Ein Sommernachtstraum", "Romeo und Julia" ) aufgetreten. Die Studentin der Germanistik suchte aber nach Wegen zu eigenen Ausdrucksformen und schloss sich 2009 der dänischen Sticky Trace Company an, mit der sie im Trio "Let's talk about what we do in seven days" (19./20.7., 20 Uhr) zu sehen ist.

Ebenfalls von der Hamburger Universität kommt Anja Winterhalter. Die Fotografin, Philosophin und Theaterwissenschaftlerin aus Freiburg hat den Studiengang Performance Studies absolviert und beschäftigte sich bei ihrer Kurzzeit-Residenz am K3-Zentrum für Choreografie auf Kampnagel mit Räumen. "Wenn uns jemand sieht, sag, wir haben einfach kurz Luft geschnappt", (22./23.7., 20 Uhr) nennt sie das "Versteckspiel" für fünf Performer, das sich mit der Beziehung von Körper und Raum, von äußerer und innerer Wahrnehmung beschäftigt.

Der Körper und die Bilder, die wir uns vom Körper machen, stehen auch im Fokus der Arbeiten anderer Tänzer. Ira Demina aus Moskau beispielsweise hat wie Alexandra Denk eine klassische Ballettausbildung genossen, besucht aber seit vorigem Jahr die Contemporary Dance School in Hamburg. Hier arbeitete sie mit verschiedenen Choreografen und präsentiert nun ihr Solo "- 0,57° Celsius" (19./20.7., 20 Uhr). Bei dieser Temperatur gefriert das menschliche Blut, das Gehirn hört auf zu funktionieren und der Schlaf wird zu Tod. Die Wirkung von äußerer und innerer Kälte auf Physis und Psyche untersucht die Tänzerin in ihrem Semesterprojekt an der Schule: eine Studie über Gefühlsleere. Mit dem "Puls" (13./14.7., 20 Uhr), mit den Vibrationen in Adern und Muskeln und dem Beat von Techno wiederum experimentiert Jolika Sudermann aus den Niederlanden und steigert mit ihrer Gruppe die Tanzmeditation zu einem ekstatischen Trip.

Dem eigenen Bild und sich selbst auf die Schliche zu kommen, das versuchen Dani Brown und Jascha Viestädt in ihren Stücken. Viestädt und der Choreograf Philipp van der Heijden beschäftigen sich im Solo "Selbstgestalt" mit dem männlichen Rollenbild, das oft nicht mit der eigenen Gefühlslage und Wahrnehmung identisch ist. Brown, eine in Hamburg lebende Amerikanerin, ist bereits in verschiedenen, von ihr inszenierten oder getanzten Performances auf Kampnagel durch ausgefallene Fantasien und ihren skurrilen Humor aufgefallen. "Instigated Performance" (16./17., 20 Uhr) nennt sie ihre choreografische Versuchsanordnung aus Selbstbildern.

Das von der Gesellschaft, den Medien oder der Mode aufgezwungene und geformte Gesicht, das äußere Erscheinungsbild des weiblichen Körpers sind ebenfalls Thema der Performances. Maike Mohr kommt aus der HipHop-Szene, sie beschäftigt sich mit Fotografie und hat manche Breakdance-Battle bestanden. In "Faces" (22./23.7., 20 Uhr) zeigt sie die vielen Gesichter einer Frau und spielt mit den vielen Möglichkeiten, sich selbst immer wieder neu zu erfinden und dabei zu entdecken.

Die Tanzgruppe Ruff Monkeys unter der Leitung von Mable Preach und Claude Jansen (She She Pop) analysiert weniger selbstbezogen, kritischer, aber ebenso spielerisch die von Dresscodes - wie dem Kopftuch der Muslimas - ausgehenden Normen und Zwänge. Sie zeigen zum Auftakt des DanceKiosks im Sprechwerk ihre Performance "The way you dress is a political statement" (13./14.7., 20 Uhr). Am Eröffnungsabend ist ebenfalls die "Schatten-Realitäten-Revue" von Elio Wahlen und Kirill Lorenz zu sehen sowie das spektakuläre Duo Frugal Feasts der Engländerin Rachel Birch-Lawson.

Das "einfache Fest" im DanceKiosk - ohne Pomp und Spitzenschuhe - gewinnt gerade in Diskurs und Recherche der Tanzformen seinen eigenen Reiz und Stellenwert in der Stadt.

DanceKiosk 2011 13.- 23.7., Sprechwerk (U Lübecker Straße), Klaus-Groth-Straße 23, Karten zu 9,- , erm. 14,- (Ak.) und 16,10, erm. 10,40 (Vvk.) unter Tel. 24 42 39 30; www.dancekiosk-hamburg.de

www.hamburgersprechwerk.de