Paul Simon liebt die Laeiszhalle und die Laeiszhalle liebt ihn. Natürlich waren beim Konzert auch alte Simon & Garfunkel-Hits zu hören

Hamburg. "Still Crazy After All These Years" - als er den Song schrieb, war Paul Simon gerade mal 33 Jahre alt. Nun geht er schnurstracks auf die 70 zu und ist immer noch verrückt genug, die Strapazen einer langen Konzert-Tournee auf sich zu nehmen. Schon der Blick auf die noch leere Bühne beweist, dass sich an diesem Abend in der ausverkauften Laeiszhalle einiges tun soll: zwei Schlagzeuge, mehrere Keyboards, ein Piano, ein schweres Baritonsaxofon und unzählige, fein säuberlich aufgereihte Gitarren.

Mit dem Alter des Künstlers steigt auch die Ungeduld des Publikums, um fünf nach acht erstes forderndes Klatschen, und kurz darauf steht Paul Simon dann auch auf der Bühne. Im T-Shirt, mit offenem Hemd und schwarzer Jeans wie ein Schulbub aussehend. Acht Musiker hat Simon mitgebracht, und dann geht es mit "The Boy In The Bubble" fröhlich los. Der Sound ist glasklar, die Band gut aufeinander eingespielt, und Paul Simons Stimme klingt, wie sie schon immer geklungen hat: kein bisschen gealtert.

Eigentlich hat der Amerikaner eine neue CD im Gepäck, das erst kürzlich erschienene "So Beautiful Or So What". Doch daraus wird er nur fünf Stücke spielen, darunter das introvertierte und doch komische "Questions For The Angels" oder das indisch angehauchte "Dazzling Blue". "Was für ein schöner Saal", sagt Paul Simon bewundernd über die Laeiszhalle, um kurz darauf "So Beautiful Or So What", das Titelstück, anzustimmen. Doch eines ist klar: Simon hält sich weitgehend an die Hits aus seiner fast 50-jährigen Karriere, vor allem an die peppigen Rhythmen seines größten Erfolges "Graceland". Bei dem Cajun-beeinflussten "That Was Your Mother" brandet erstmals großer Applaus auf, "Diamond On The Soles Of Her Shoes" endet mit einem frenetischen Schlagzeugsolo.

Gelegentlich dirigiert Simon mit absichtlich ungelenken Bewegungen, ohne Augenkontakt, seine Band. Eine symbolträchtige Geste: Er hat alles im Griff, und er hat Spaß dabei. Dabei greift er auch auf seine Anfänge zurück: Bei der Simon & Garfunkel-Nummer "The Only Living Boy In New York" gibt es erstmals Standing Ovations, und der Klassiker"The Sound Of Silence" darf auch nicht fehlen. Paul Simon und seine Band beherrschen diese Wechsel zwischen leiser Melancholie und verhaltenen Up-Tempo-Nummern perfekt. Bei dem Calypso-Funk von "Late In The Evening" ist es noch gar nicht so spät. Trotzdem hält es niemand mehr auf den Sitzen.

Der erste Zugabenteil mit "Kodachrome" und dem immer schneller werdenden "Gone At Last" ist vorbei, doch irgendwie fehlt noch ein Stück: "You Can Call Me Al". Natürlich kommt auch dieses Wahnsinns-Basssolo, und Bakithi Kumalo, schon 1986 bei "Graceland" dabei, spielt es sogar zweimal - für den Fall, dass man seinen Ohren nicht getraut hat. Beschwingt pfeifend macht man sich auf den Weg zur U-Bahn. Paul Simon ist immer noch verrückt nach all diesen Jahren. Und er ist immer noch verdammt gut.