Das Wesen der Freundschaft ist nicht leicht auf einen Begriff zu bringen. Da ist Wohlwollen, Zuneigung, Liebe, aber auch Konkurrenz, Eitelkeit, Neid. Sie kennt nicht nur den Abglanz göttlicher Liebe oder den Heiligenschein interesseloser Gefühle.

Dass Freundschaft auch (beinah) tödlich enden kann: Wer möchte es bestreiten? Wo Leidenschaften lodern, brennt das Haus einer jahrzehntelangen Beziehung manchmal plötzlich lichterloh. Der amerikanische Erzähler Tobias Wolff, ein Meister der Short Story , beschreibt in seiner Kurzgeschichte "Jäger im Schnee" die fiesen und niederträchtigen Seiten der Freundschaft. Einer aus einem Dreierbund - drei Männer gehen in einer Winternacht zusammen auf die Jagd - wird bis zur Weißglut gereizt. Am Ende ist seine Freundschaft mit einem Jäger erneuert, der andere liegt dafür mit einer Schusswunde auf der Pritsche eines Pick-ups.

Der im Berlin Verlag erscheinende neue Erzählungsband Wolffs heißt "Unsere Geschichte beginnt" und ist eine schöne Zusammenstellung seiner Schaffenskraft. Die Geschichten sind nie moralisch - und trotzdem zutiefst humanistisch. Bekannt wurde Wolff, Jahrgang 1945, mit dem autobiografischen Roman "This Boy's Life".

Tobias Wolff: "Unsere Geschichte beginnt." Übers. v. Frank Heibert. Berlin Verlag. 207 S., 22 Euro