Ich sag mal: Was “falsch“ oder was “richtig“ ist, entscheidet am Ende der Sprachgebrauch

Reden wir doch mal über die Fehler, die niemand korrigieren wird, auch gar nicht korrigieren will. Schließlich besteht der Sprachgebrauch zu einem nicht geringen Teil aus solchen Fehlern, die vollständig integriert sind, seien sie nun grammatikalisch falsch oder nur gedankenlos dahingesagt. Der Sprachgebrauch entscheidet am Ende darüber, was im täglichen Umgang mit der Sprache "richtig" oder "falsch" ist.

Niemand wird mehr auf die Floskel "ein Stück weit" verzichten wollen, die eigentlich ein räumliches Maß bezeichnet, aber fast nur noch im Sinne von "ein wenig" oder "zum Teil" verwendet wird.

Der CSU-Fürst Seehofer zum Beispiel hat neulich im Fernsehen die Debatte über Steuersenkungen "ein Stück weit ärgerlich" genannt. Und dass wir in der Steuerpolitik Nachholbedarf hätten, hielt schon der weiland Kanzler Schröder "ein Stück weit für Ideologie". So reden sie alle. Kein Mensch sagt mehr einfach "weil" (außer an der falschen Stelle, nämlich am Anfang eines Hauptsatzes), wenn etwas begründet werden muss. Das heißt jetzt: "von daher". Ein kausaler Zusammenhang wird in Herkommen verwandelt. Hat das etwas zu bedeuten? Wohl kaum. Man geht halt mit der Mode. Man will so reden, wie alle reden.

Nicht unbedingt in Mode, aber immer weiter verbreitet ist die Formulierung "wie es heißt" bzw. "wie es hieß". Das ist eine verbale Blendgranate. Wer ist "es"? Und "es heißt" steht in diesem Zusammenhang doch eher für eine ungewisse, mutmaßlich falsche Behauptung. Die Nachrichtensprecher des Fernsehens können immerhin ins Feld führen, "wie es hieß" seien gesprochene Anführungszeichen; aber die gibt es in einer gesprochenen Nachricht nun mal nicht. Und so werden wir wohl weiter raten müssen, was "wie es heißt" wirklich heißt.

Was bedeuten solche "falschen" oder gedankenlosen Formulierungen für den Umgang mit der Sprache? Wie figura zeigt: eigentlich gar nichts. Was in den Sprachgebrauch integriert ist, gilt am Ende als "richtig". Die Oberlehrer (Pardon: Pädagogen) mögen das schlimm finden.

Ist es aber nicht. Ein so sprachmächtiger Klassiker wie Theodor Fontane ("Effi Briest", "Der Stechlin") hat die Konjunktion "obwohl" offenbar nicht gekannt; jedenfalls schreibt er stattdessen immer: trotzdem. Das ist falsch. Aber Fontane. Und Faust klagt, er sei "so klug als wie zuvor". Auch falsch. Aber Goethe. Wollen wir die Klassiker über den Umgang mit unserer Sprache bestimmen lassen oder die Oberlehrer?