Die Hamburger Symphoniker beginnen ihre Sommerkonzerte mit dem mexikanischen Abend “Amerrrica“

Rathaus. Amerika? Hat 50 Staaten und zurzeit den ersten schwarzen Präsidenten seiner Geschichte ... Aha. Schon durchgefallen. Bei den Latinos nämlich. Die reagieren sehr allergisch darauf, wie unbekümmert Europäer die USA mit dem Kontinent gleichzusetzen pflegen und dabei mal kurz Mexiko und alle südlicher gelegenen Länder ausblenden. Das Ganze hat natürlich Hintergründe: Das Selbstbewusstsein der USA kommt in Lateinamerika nur allzu leicht als Imperialismus an. Da kommt es schon einem Friedensangebot gleich, dass die mexikanische Dirigentin Alondra de la Parra 2003 in New York das "Philharmonic Orchestra of the Americas" gegründet hat. "The Americas", also beide Teile des Kontinents. Diese Mehrzahl käme einem Nordamerikaner so schnell nicht in den Sinn.

"Amerrrica" - mit rollendem "r" - haben die Hamburger Symphoniker das Programm überschrieben, mit dem sie am Donnerstag den Reigen ihrer Sommerkonzerte im Innenhof des Hamburger Rathauses eröffnen. Es steht zu hoffen, dass Petrus für den Auftakt ein Einsehen hat und allen Beteiligten den Umzug in den zwar von oben gegen Wasser geschützten, aber akustisch stark an ein Schwimmbad erinnernden Börsensaal der Handelskammer erspart. Schließlich hat der Rathaus-Innenhof an milden Sommerabenden geradezu südliches Flair.

De la Parra und ihrem Programm käme das entgegen. Mit der Vereinigung der beiden Amerikas ist es nämlich musikalisch nicht ganz so weit her, im Gegenteil: Das Programm liest sich wie ein Manifest für die große mexikanische Nation. Fünf mexikanische Komponisten hat de la Parra ausgewählt, vom Romantiker Candelario Huízar, der ganz im Stile der europäischen Klassiker schrieb, bis zu Federico Ibarra und Arturo Márquez, beides Herren mittleren Alters, die für ein neues mexikanisches Selbstbewusstsein stehen und in ihren Kompositionen Motive aus der mexikanischen Volksmusik aufgreifen.

Ein nordamerikanischer Kollege findet sich nicht auf dem Programm, dafür aber der Argentinier Alberto Ginastera, der seinem Heimatland manch klingendes Denkmal gesetzt hat. So auch in seiner "Estancia": Da klingen mal folkloristische Rhythmen, mal breitet sich landschaftsmalende Melancholie aus wie im Kino, und das Ganze endet, wie könnte es anders sein, in einer wahren Stampede über die argentinische Pampa.

Muy macho, diese Programmwahl - und das, obwohl am Pult kein breitschultriger Typ im Sombrero steht, sondern ein zierliches Persönchen mit blauen Augen. Aber wer sagt denn, dass Gauchos immer männlich sein müssen?

Amerrrica 30.6., 19.30, Innenhof des Hamburger Rathauses (U Rathausmarkt). Karten zu 26,- unter T. 30 30 98 98; www.hamburgersymphoniker.de