Die Industrial-Metal-Band Filter meldet sich mit starkem Album und Konzert in Hamburg zurück. Am Montag spielen sie in der Markthalle.

Markthalle. Und heute in der Rubrik "Was macht eigentlich ...?": Die Band Filter. Die Industrial-Rocker aus Cleveland hatten ihre Hochphase von 1995 bis 2000, wurden dann jedoch etwas an den Rand der Wahrnehmung gedrängt und sind jetzt mit ihrem neuen Album "The Trouble With Angels" wieder da. Für den einen ist es die erfolgreiche Rückkehr zum elektrisierenden Industrial-Metal, für den Filter vor 15 Jahren berühmt wurde - für den anderen nur die langweilige Wiederholung von harter alternativer Rockmusik, wie sie seit über einem Jahrzehnt den Musikhörer beleidigt und sich einfach nicht verändern will. Stoisch wie Stahl.

Dieses Prinzip der zwei ganz unterschiedlichen Perspektiven, aus denen ein Objekt betrachtet wird, macht auch die neue Filter-Platte zum Thema. Band-Gründer und Mastermind Richard Patrick erklärt, "The Trouble With Angels" sei das Resultat seiner Gedanken zu Galileo Galilei. Der italienische Philosoph und Naturwissenschaftler entdeckte das heliozentrische System (die Sonne als Mittelpunkt des Universums), sprach sich damit gegen die damalige Lehre der katholischen Kirche aus, die die Erde im Zentrum des Universums sah und landete dafür auf dem Scheiterhaufen. "Die Kirche hielt wissenschaftliche Errungenschaften zurück, weil sie gegen ihre religiöse Lehre sprachen. Eigentlich denkt man, Engel seien gut", sagt Patrick, "aber für Galilei und die Wissenschaft waren sie es in diesem Fall nicht." Aus diesem historischen Umstand leitet Patrick die Dichotomie aller Dinge ab. Eine Münze mit zwei Seiten, ein zweischneidiges Schwert. Genauso wie Filter.

Als Filter mit ihrem Debüt-Album "Short Bus" 1995 um die Ecke bog, waren sich alle ziemlich einig. Richard Patrick, der ehemalige Tourgitarrist der revolutionären Band Nine Inch Nails, hatte eine schöne Rockgewalt erschaffen. Die Single "Hey Man, Nice Shot" wurde ein kommerzieller Hit und das trotz tonnenschwerer Gitarrengewitter, intensivem Geschrei und industrieller Sound-Verstörung.

Die Musiklandschaft Mitte der 90er-Jahre war günstig. Grunge war mit dem Ableben des Nirvana-Kopfes Kurt Cobain gerade vorbei und härtere Musik auf dem Vormarsch: Marilyn Manson, Nine Inch Nails, Sepultura und die gesamte New-Metal-Fraktion, die ihren Höhepunkt 1998/99 im Rahmen der "Family Values"-Tour feierte: Dabei waren in diesen beiden Jahren Korn, Limp Bizkit, Incubus, Rammstein, Staind und Filter. 1999 kam dann auch die zentrale Filter-Platte heraus: "Title Of Record", die mit der Popnummer "Take A Picture" für knapp 750 000 verkaufte Einheiten sorgte. Filter plänkelte noch etwas im Mainstream, doch war kaum relevant. Die beiden Alben "The Amalgamut" (2002) und "Anthems For The Damned" (2008) kamen nicht an die Kraft der starken Vorgänger heran, die New Wave of Metal war ohnehin verebbt, und Richard Patricks Drogenentzug half auch nicht besonders.

Doch was haben wir gelernt? Alles hat zwei Seiten. Heute kann sich Filter mit dem Album "The Trouble With Angels" wieder neu aufstellen. Breitbeinig und bleischwer mutet der Sound an, so hart und dunkel wie in den besten Jahren. Der Song "Absentee Father" ist eine emotionale Suche nach dem Vater aller Dinge, "Drugboy" eine fette Walze, die wegen ihrer melodiösen Ausbrüche zu den besten Songs aus der Feder Richard Patricks gehört.

Stark ist auch die Single-Auskopplung "The Inevitable Relapse", in deren kontroversem Video ein gefesselter junger Mann von einer scharfen Brünetten ordentlich zusammengeschlagen wird - bis sie sich das Blut von den Händen leckt. Sie wirkt erstaunlich zufrieden, dann duscht sie sich das Blut vom Körper. Dazu wird immer wieder die rockende Band gezeigt. In Fabrikästhetik. Grau. In Industriehallen. Es ist wohl das Industrial-Metal-Weltbild, das hier soeben Galileis heliozentrisches System abgelöst hat.

Filter: Mo 27.6., 20.00, Markthalle (U Steinstraße), Klosterwall 11, Tickets zu 26,95 im Vorverkauf; www.officialfilter.com