Glücklich, wer dabei gewesen: Das Konzert von Bob Dylan im Stadtpark wird zur Sternstunde

Hamburg. Immerhin muss er nicht mehr von einem fahrenden Zug springen wie die Hobos, die früher so kreuz und quer durch Nordamerika reisten und die er einst besang. Bob Dylan kommt im Tourbus. Das riesige Vehikel fährt in den engen Backstage-Bereich des Stadtparks, Dylan springt heraus und schreitet schnurstracks und wortlos auf die Bühne. Seine Band, fünf Musiker in tadellosen grauen Anzügen, hat sich eine Minute vorher die Gitarren umgeschnallt oder hinter dem Schlagzeug Platz genommen.

Der Bandleader trägt einen schwarzen Anzug und einen schwarzen Hut, so sieht er aus, Mister Dylan 2011. Keine Begrüßung, kein Taktanzählen. Es geht sofort los. "Leonard-Skin Pill-Box Hat" und "Don't Think Twice; It's Allright" sind die beiden ersten Lieder. Bei Dylan-Konzerten zeigt sich schon nach wenigen Songs, wie es um die Laune des Meisters bestellt ist, wohin die Reise geht. Die 4000 Fans im seit Wochen ausverkauften Stadtparkrund haben Glück: Dylan ist in Spiellaune. Der 70-Jährige wechselt zwischen Keyboards, Gitarre und Mundharmonika, bei einigen Nummern ist er ausschließlich Sänger und stellt sich in die Mitte der Bühne. Die Band groovt lässig, aber exakt. Heute muss sie ihren ab und an mal indisponierten Chef nicht tragen, alles passt perfekt zusammen.

Dylan ist in Hochform wie bei seinen Hamburger Konzerten schon lange nicht mehr. Die Reaktion des Publikums ist entsprechend, immer wieder brandet während der Songs Beifall auf. Erst im zweiten Teil des 100-minütigen Auftritts holt Dylan einige der bekannteren Lieder aus seinem unerschöpflichen Repertoire hervor: "Tangled Up In Blue", "Visions Of Johanna" und "Highway 61 Revisited", das Dylan mit seiner heiseren Stimme neu interpretiert - und nichts mehr mit dem Original aus den 60er-Jahren zu tun hat. "Ballad Of A Thin Man" macht den Abend schon vor dem Ende zur Sternstunde, bevor "His Bobness" im Zugabenteil noch drei weitere Hymnen anstimmt: "Like A Rolling Stone"; "All Along The Watchtower" und das zu seinem Geburtstagsjubiläum passende "Forever Young".

Huldvoll empfängt er die Ovationen seiner Fans, dann verlässt er die Bühne. Der Mann im schwarzen Anzug springt in den wartenden Bus. Der Hobo muss weiter.