Hamburg. In wenigen Werken Schuberts tritt seine musikalische Sozialisation auf den Tanzböden der Wiener Vorstädte so deutlich zutage wie in seinem Oktett. Bei ihrem umjubelten Konzert in der Laeiszhalle griffen das Amaryllis Quartett, der Klarinettist Markus Krusche, der Fagottist Daniel Mohrmann, der Hornist Christoph Eß und die Kontrabassistin Alexandra Hengstebeck denn auch beherzt zu. Lustvoll spielten sie einander die Motive und humorvollen Wendungen zu - zugleich hatten sie unendlich viele Farbnuancen zur Verfügung, um auch die schubertsche Verzweiflung unter dem Heurigenschwung freizulegen. Und das ganze makellos in Zusammenspiel und Intonation.

Das passte zum Motto. "Schubert vollendet" lautete es, eine freche Anspielung auf die legendenumrankte h-Moll-Sinfonie. Die kam zwar nicht zu Gehör, dafür aber der Quartettsatz in c-Moll, ein fahler Pianissimohauch, hochvirtuos und perfekt ausgewogen.

Zwischen den Sätzen rezitierte Sebastian Rudolph Rilke-Gedichte mit jener Zurückhaltung, die die Werke erst richtig zur Geltung brachte. So verbanden sich Text und Musik zu einer bewegenden Einheit. Besonders spürbar wurde das bei Robert Krampes Metamorphosen für Streichquartett aus dem Jahre 2007, einer Hommage, in der der junge Komponist vom schönsten As-Dur-Melos jäh überkippte in Tremolo-Eisflächen und schroffe Akkorde. Immer wieder schimmerte Schubert durch die Zeilen - wie eine Versöhnung über die Jahrhunderte hinweg.