Bei Element of Crime im Stadtpark kreisen die Gedanken um die eine und alles andere

Hamburg. Er reißt die Arme mit geballten Fäusten hoch, als habe er gerade Wimbledon gewonnen. Doch Sven Regener schreit kein "Jaaaa!" wie die Sportheroen nach verwandeltem Matchball, sondern "Romantik!" Das ist sein Metier seit einem Vierteljahrhundert, das ist das Thema an diesem Freitagabend im Stadtpark. Regener ist der Troubadour der einsamen Herzen, der Verlassenen, die im Regen durch die Straßen laufen, weil sie es zu Hause nicht aushalten.

Diese Songs von Verlust und gescheiterten Beziehungen sind bei ihm Kurzgeschichten, denen jegliche Larmoyanz fehlt. "Am Ende denk ich immer nur an dich", ist ein Gedankenfluss aus Beobachtungen auf einem Spielplatz, über Mütter mit blutenden Nasen und einem Dylan-Zitat aus "Blowin' In The Wind". Wie viel Straßen muss man langlaufen, dichtet Regener in "Wie viel Erdbeereis muss der Mensch noch essen, bevor er endlich einmal sagt: Ich bin dafür?" Doch alle Gedanken kreisen nur um die eine, die nicht mehr da ist. Geweint wird nicht, Wunden werden geleckt. "Alles geht immer irgendwie weiter", singt Regener in "Im Himmel ist kein Platz mehr für uns frei".

Im Stadtpark lauschen 4000 Menschen, die meisten der Generation Ü-40, andächtig diesen intelligenten und metaphernreichen Songs. Der Müllmann wird bei ihm zum "orangen Helden der Entsorgung", die Straßenbahn zum Ort von Klaustrophobie und Neurosen. Element of Crime, Regeners Band, spielt diese Lieder als lässigen Gitarrenrock, manchmal mit einem Country-Einschlag, manchmal als härteren Psychobilly-Blues. Wenn Regener die Gitarre mit der Trompete tauscht wie bei "Deborah Müller", bekommen die Songs etwas vom sehnsüchtigen Herzschmerz mexikanischer Mariachis. Showeffekte gibt es bei Element of Crime nicht, die fünf Musiker spielen ihre Songs cool und mit der Exaktheit eines Metronoms herunter, manchmal im Walzertakt, meistens als geraden Beat. "Immer da, wo du bist, bin ich nie", Titelsong des jüngsten 2009 erschienenen Albums, wird durch Jakob Iljas Gitarre und Richard Pappiks federndes Schlagzeug zu einer schnellen Nummer, wie gemacht als Soundtrack für ein Roadmovie.

Element of Crime unternimmt eine Reise durch eine nun schon ein Vierteljahrhundert dauernde Karriere mit Songs aus "Weißes Papier" und "Damals hinterm Mond" und "Psycho", dem Hit "Delmenhorst" und einer Coverversion von Bob Dylans "It's All Over Now Baby Blue". Nach zwei Stunden entlässt Regener sein Publikum und hat ihm gezeigt, wie bittersüß Romantik sein kann.