Der ehemalige Popstar Kim Frank hat seinen ersten Roman geschrieben, “27“, eine Entwicklungsgeschichte aus der Welt der Musiker

Mika ist einer dieser Jungen, die zu viel allein sind, vor allem allein mit den eigenen Ängsten. Hat nicht gerade sein Herzschlag ausgesetzt? Was ist, wenn er im Aufzug stecken bliebe? Geradezu zwanghaft verfolgt ihn die Zahl 27, schon seit der Kindheit. Jede im Alltag auftauchende Nummer dreht und wendet er mit Multiplikation, Addition, Quersumme oder Quadrat, bis eine 27 herauskommt.

Eines Tages stößt er im Plattenarchiv seines Onkels wieder auf die magische Zahl: Erschreckend viele Rockmusiker sind mit 27 gestorben: Jim Morrison, Kurt Cobain, Brian Jones, Jimi Hendrix, Janis Joplin und so weiter. Die ideale Neurosenfalle für Mika, der jetzt felsenfest glaubt, dass er selbst nur 27 werden wird: "Nicht mal zehn Jahre bleiben mir noch."

Was in diesen zehn Jahren mit Mika passiert, beschreibt Kim Frank, ehemaliger Frontmann der Band "Echt", in seinem Debütroman "27". So naiv und willenlos wie in die 27-Neurose fällt Mika auch als Praktikant in eine Hamburger Plattenfirma, in eine Band, in den Erfolg als Sänger. Und schließlich in den Sog des schwarzen Lochs aus Koks, Groupie-Sex und Tour-Einsamkeit. "Take the highway to the end of the night", wie Morrison gesungen hat.

Dass er da seine eigene Geschichte um- oder weitergedichtet haben könnte, weist Kim Frank weit von sich. Als er 2007 mit dem Schreiben begann, war der "Klub 27" in Literatur und Film fast gar nicht präsent, sagt er. Heute meldet Google 413 000 Treffer beim Suchbegriff "Klub 27 Tote Musiker", das englischsprachige Web bei "Club 27" sogar 391 Millionen. Communitys wie "forever27" stricken das Mysterium weiter: Ist nicht auch Richey James mit 27 spurlos verschwunden?

Im Roman bleibt dieser Aberglaube nur ein Nebengeräusch. Der Ich-Erzähler Mika treibt im Leben wie ein Stück Holz. Er geht nicht auf Konzerttour, er wird gegangen. Reisen, Interviews, alles organisieren andere, sogar den Sex nehmen die Mädchen in die Hand. Mikas Panikattacken bleiben.

Mit spitzer Feder skizziert Frank die Strategen der Plattenfirma, die von PR mehr Ahnung haben als von Songs. Die inselartige Einsamkeit der Ich-Figur erklärt sich damit nicht. Nur ein einziger Freund verkörpert am Anfang eine Alternative: der ständig kiffende, lustige Steinmetz Lennart mit Sinn für makabre Anekdoten. Lennart hätte diese Geschichte etwas aufmischen können. Wenn das Leben junger Musiker so traurig-weltfern wäre, müsste man sich um den Nachwuchs echte Sorgen machen. Zum Glück ist Kim Frank mit 29 über das kritische Alter hinaus.

Kim Frank: "27". rororo, 253 Seiten, 12,99 Euro