Als wir abends nach zwei Stunden wieder gingen, konnte Anke nur noch nicken: Sie musste sich daran gewöhnen, denn sonst schüttelt sie fast immer den Kopf, wenn sie bei einem Hamburger Spanier war. Anke ist eine Barmbeker Deern und sehr krüsch, ihren Urlaub verbringt sie in Madrid, Barcelona oder auf einer spanischen Insel - nur das Portomarin in der Dorotheenstraße ließ sie bisher gelten, nun auch das Restaurant Pasalo Bien am Borgweg.

Den Service leitet Wekas, er will jedoch nicht der Wirt sein: "Wir sind alle Chef hier", sagt er, ist aber kein Kommunist, sondern meint seinen Familienbetrieb (der Schwager kocht). Ohne Anke war ich zum Mittagstisch im Pasalo Bien, und weil ich inzwischen kein Fleisch esse, bat ich darum, die Tapas-Auswahl auf Fisch und Gemüse zu beschränken ("Bitte sehr", sagte Wekas, "auch der Gast ist Chef") - so bekam ich vorab eine Tomatensuppe, danach einen Teller mit vegetarischem Omelett und Sardinen, Paprikaschoten in Meersalz gebraten und Palmenherzensalat mit Flusskrebsen, Schafskäse aus dem Ofen und Meeresfrüchtesalat (ein Genuss für nur neun Euro).

Von der Abendkarte nahm Anke zuerst die Paprikawurst mit Chili-Mayo (5,90 Euro) und als Hauptgang dann das Lammfilet in Senfsauce (14,90 Euro): Es dauert ein bisschen, bis das Essen fertig ist, aber Frische braucht Zeit - und Anke sagte später, ein Blick auf die Gerichte habe ihr bereits genügt, um zu wissen, dass sie gut schmecken werden.

Konnte ich ebenso sagen von meinen Garnelen in Knoblauch-Öl (12,50 Euro) und dem Zanderfilet in Safransauce (15 Euro), während am Nebentisch die Stimmung stieg: Eine Frau arbeitete mit der Schneckenzange und scheiterte an den Schnecken wie Julia Roberts als "Pretty Woman", aber Wekas half dem Gast aus der Not. Nach dem Begrüßungssekt blieb Anke bei einem ihrer Lieblingsweißweine, dem Sauvignon Blanc der Bodega Olarra (4,60 Euro das Glas), und ich wollte mal nicht so auf den Cent gucken und trank eine Flasche "Anima negra" - 30 Euro kostet Mallorcas schwarze Seele.

Nicht nur Menschen und Lassie können nach einer Reise heimfinden, auch manche Gebäude gelangen irgendwann doch noch ans Ziel: Die Kaschemme Springbrunnen hielt sich bis vor 20 Jahren, dann folgten Österreicher und Italiener und verschwanden wieder, das Pasalo Bien beendet die Irrtümer - nebenbei das einzige Restaurant, wo mir sogar das Warsteiner Pils schmeckt; das muss an dem Familiengeist hier liegen.

Pasalo Bien Mo-Fr 12.00-23.00, Sa/So ab 15.00, Barmbeker Straße 70-72 (U Borgweg), T. 87 60 34 66; www.pasalo-bien.de