“The Tree of Life“ von Terrence Malick ist ein monumentales Drama und eine Sinnsuche einer amerikanische Familie in den 60er-Jahren.

Es könnte eine Familiengeschichte sein, aber wer Terrence Malick kennt, weiß, dass es in seinen Filmen immer auch um größere Fragen geht. Im Zentrum von "The Tree of Life" steht also nicht nur die amerikanische Familie in den 60er-Jahren, in der der Ingenieur O'Brien (Brad Pitt) seine drei Söhne in einer Vorstadtidylle streng, manchmal unerbittlich erzieht. Mit seinen Kindern spielt er Klavier und impft ihnen ein, dass sie Härte brauchen, um im Alltag zu überleben. Die Mutter (Jessica Chastain) bildet dazu einen einfühlsamen, beschützenden Gegenpol. Besonders der kleine Jack, hervorragend gespielt von Hunter McCracken, ist zwischen den Gegensätzen seiner Eltern, zwischen Liebe und Hass hin- und hergerissen. Bestand hat das Familienidyll ohnehin nicht. Ein Telegramm kündigt der Mutter den Tod eines ihrer Söhne an, ohne dass man erfährt, wer gestorben ist und warum.

Um diese zentrale Geschichte herum hat der Regisseur drei Blöcke gesetzt, die wie Teile eine Sinfonie wirken. In einer Art Rahmenhandlung erinnert sich der erwachsene Jack (Sean Penn) an seine Kindheit und versucht, die Brücke von der Vergangenheit in die Gegenwart zu schlagen.

Und dann erzählt dieser Film auch noch, wie diese Welt entstanden ist. Malick entwirft vor unseren Augen eine Geschichte des Mikro- und des Makrokosmos in einem opulenten Bilder- und Farbenrausch, wie man ihn so im Kino wohl noch nie gesehen hat. Farbimpressionen, der Pferdekopfnebel, eine überraschende Begegnung mit Sauriern. Vor allem aber ist dieser Film auch eine Sinnsuche. Das wird schon am Anfang klar, dem Malick ein Bibelzitat voranstellt. "Wo warst du, als ich die Erde gegründet? Sag es denn, wenn du Bescheid weißt", heißt es bei Hiob. Aus dem Off geflüsterte Fragen, Bitten, Hoffnungen durchziehen den Film wie ein roter Faden. Und immer wieder blickt die Kamera wie fragend in den Himmel. Schon in "Der schmale Grat" ist er so vorgegangen.

Malick ist das scheue Reh unter den amerikanischen Regisseuren. Die Öffentlichkeit meidet er so konsequent, dass er nicht einmal seinen Preis, die Goldene Palme in Cannes, persönlich entgegennahm. Trotzdem ist ihm mit nur fünf Filmen in 38 Jahren ein Platz in der Filmgeschichte sicher, denn er erweist sich ein ums andere Mal als großartiger Bildererfinder. "The Tree of Life" ist ein sakraler Film, der daran erinnert, dass dieser Regisseur, der Philosophie studiert hat und ein Fan Heideggers ist, sich auch in seinen Filmen mit ganz großen Fragen beschäftigt. Welchen Platz hat der Mensch in der Natur, wie vergänglich sind wir und ist sie?

Der rauschhaften Wirkung der Filmbilder steht an manchen Stellen die Filmmusik entgegen. Naturbilder, untermalt von Smetanas "Moldau" - da kommt man sich dann doch vor wie in der TV-Werbung und nicht unbedingt wie in der guten. Erhabenes und Kitsch sind eben manchmal nicht weit voneinander entfernt.

Bewertung: empfehlenswert

The Tree of Life USA 2011, 138 Minuten, ab 12 Jahren, R: Terrence Malick, D: Brad Pitt, Sean Penn, Jessica Chastain, Hunter McCracken, täglich im Abaton (OmU), Holi, Koralle, Streit's (OF, Mi nicht), Zeise; www.tree-of-life-film.de