Lachen im Unglück? Geht im Theater wunderbar, wie das Kaltstart-Festival zeigt

Hamburg. Unglück ohne Drama oder Larmoyanz lustig und unterhaltsam auf die Bühne zu bringen ist eine besondere Kunst. Sie erfordert Komik mit Tiefgang, im Text wie im Spiel. Beim Kaltstart-Festival gaben zwei Männer-Duos glänzende Beispiele für den heiklen Balanceakt: Als Knastbrüder in Athol Fugards "Die Insel" holten Thomas Schumacher und Christian Clauß, Absolventen der Leipziger Hochschule für Musik und Theater, die für schwarze Schauspieler geschriebenen Figuren an sich heran. Sie rebellieren bei ihrem "weißen Remix" des 1973 zur Apartheid in Südafrika entstandenen Stückes mit Hip-Hop. Chris und Tom überleben das menschenverachtende Regime, indem sie Theater spielen. Sie probieren "Antigone", zoffen sich darüber, kommen aber einander im gemeinsamen Widerstand näher.

Nur zusammen sind auch die beiden Underdogs in Meng Jinghuis Sozialfabel "Lebensansichten zweier Hunde" stark. Die Wanderarbeiter Lai Fu und Wang Cai treten als fliegende Komödianten auf. Wie die "Insel"-Spieler sind auch Pascal Goffin und Felix Steinhardt gegensätzliche Typen. Pascal dominiert als "großer Hund", gibt mit Gitarre den Ton an, Felix ist der anhängliche "kleine Köter". Sie schlagen sich ohne Arbeit, Geld und Essen durch, zappen sich mit Clownsspiel, China-Pop, Slapstick und Theaterparodie durch Dirk Böthers flott und sprunghaft inszenierte Szenenfolge und fesseln das Publikum durch Charme und Spiellust.

Ein anderes, neues Stück, "Das traurige Schicksal des Karl Klotz" provozierte trotz ernster Thematik ebenfalls Gelächter und Heiterkeit. Der Schweizer Jungdramatiker Lukas Linder stellte bei der Autorenlounge Szenen über das sexuelle Elend des fetten Karl vor. In der vom Schauspielhaus-Dramaturgen Steffen Sünkel arrangierten Lesung machten Stefan Haschke, Gilla Cremer, Merle Collet und Sebastian Dunkelberg die skurrilen Situationen und pointierten Dialoge plastisch lebendig und holten aus der Tragik kunstvoll die Komik heraus.

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