Bei der neuen Kaltstart-Autorenlounge im Hamburger Haus III& 70 bringt Andreas Beck Nachwuchsautoren auf den richtigen Kurs.

Haus III&70. In der zeitgenössischen Dramatik gehe es doch immer nur um Pimmel, Mama und Papa, hat Claus Peymann einmal gelästert. "Er hat die falschen Stücke gelesen", korrigiert Andreas Beck den mäkeligen Kollegen schlagfertig. Im Analysieren und Diskutieren ist der eloquente und gewiefte Dramaturg ein Meister. In der Pause seines Kaltstart-Workshops im Haus III&70 bringt er rasch seine Meinungen zum Status quo der zeitgenössischen Dramatik auf den Punkt.

Familien-Stücke gebe es noch, doch sie fielen heute anders aus als vor ein paar Jahren, sagt der künstlerische Leiter und Geschäftsführer des Wiener Schauspielhauses. Der Blick in den Stücken habe sich von der persönlichen Nabelschau gelöst und für kritische, sozialpolitische Aspekte geöffnet. Beck muss es wissen. Wie kein anderer hat er junge Dramatiker gefördert und ihre Stücke herausgebracht, darunter Händl Klaus, Katrin Röggla, Ewald Palmetshofer, Claudius Lünstedt, Philipp Löhle und den derzeitigen Hausdramatiker Thomas Arzt ("Grillenparz").

Grund genug für die vier Dramaturginnen an der Hamburger Theaterakademie, Andreas Beck zur von ihnen erstmals organisierten Autorenlounge einzuladen. "Er hat sich Neugier und Offenheit für neue Texte bewahrt, einen genauen Blick und Spürsinn für das Potenzial von Texten", sind sich Becks angehende Dramaturgen-Kolleginnen Berit Paschen und Anne Ritschel einig. Sie sind stolz, ihr bewundertes Vorbild Beck gewonnen zu haben. Seit seiner Zeit am Deutschen Schauspielhaus, wo er von 2000 bis 2002 als Dramaturg das "Schreibtheater" betreute, hat Beck einen guten Draht zu Hamburg. Er weiß um die Nöte der jungen Autoren. Sie müssen schon heftig strampeln, um Theater oder Verlage für ihre Arbeit zu interessieren. Vor allem dann, wenn es sich um ihre ersten Texte handelt. Kaum zufällig hat die Autorenlounge - das neue und nun fünfte Schiff in der Kaltstart-Festival-Flotte - ein Tretboot als Signet erhalten.

Eingeladen sind acht junge Autorinnen und Autoren, dazu ebenso viele Dramaturgen von Stadttheatern. An zwei Abenden stellen Roman Ehrlich, Nikolas Hoppe, Julia Kandzora, Anne Nather aus Deutschland mit den Österreichern Thomas Arzt und Philipp Weiss und dem Schweizer Lukas Linder ihre im Entstehen begriffenen oder bereits veröffentlichten Stücke vor.

Andreas Beck hat beim von der Hamburgischen Kulturstiftung geförderten Werkstatt-Treffen an zwei Tagen mit den Beteiligten die Themen, Formen und Strukturen der Texte debattieren und deren Präsentation vorbereiten lassen. Die Dramaturgen lernen nicht nur die Autoren und deren Arbeit in persönlichen Gesprächen und für spätere Kontakte kennen, sie richten auch die Lesungen ein. Es gehe jedoch nicht um Regieaspekte, betont Berit Paschen. "Die Autoren und ihre Stücke sind im Zentrum."

Um den Spirit in der Werkstatt, wie sich Beck ausdrückt, gehe es im Wesentlichen, um die Begegnung mit den oft noch unsicheren Schreibern auf Augenhöhe. "Im Sprechen über die Texte gewinnt man doch andere Einsichten", sagt er. "Ich entdecke Dimensionen in einem Stück, die ich beim ersten Lesen übersehen habe. Mir und dem Autor Zeit gebend, kann sich Vertrauen in den Text entwickeln." Dabei ging es nicht um sofortiges Verstehen, Irritation oder gar Widerstand könne positiv sein. Am Herzen liegt Beck die von ihm praktizierte Einbindung der Autoren in den Theaterbetrieb. "Theater müssen zwar Kasse machen und Abonnenten bedienen, aber neue Autoren sollten nicht nur geduldet sein auf ihrer Suche nach dem Stück. Es müssen für sie Wege und Vertrauensebenen zur kreativen Zusammenarbeit geschaffen werden." So lautet Becks Botschaft an seine künftigen Dramaturgen-Kollegen.

Lesung Autorenlounge Abend Sa 18.6., 18.00- 20.30, So 19.6., 17.00-19.30, Haus III&70 (S Sternschanze, Bus 3 Bernstorffstr.) Schulterblatt 73, Karten zu 11,- erm. 7,- T. 42 83 84 165; www.kaltstart-hamburg.de