Die mediale Sexualisierung des Frauenfußballs eine Woche vor WM schreitet voran, ob im “Playboy“, in TV-Spots - oder im “Tatort“.

Mit Fußball lässt sich kein Geld verdienen. Zumindest nicht als Frau. Um ihren Marktwert anzukurbeln, lässt sich die Nationalspielerin Fadime Gülüc (Filiz Koc) auf dem Platz in Dessous fotografieren. Den Manager freut's. Er weiß, wie das Business funktioniert: Sex sells. Wenig später liegt die Kickerin erschlagen in der Umkleidekabine.

Ulrike Folkerts ermittelt eine Woche vor dem WM-Start in der Profiliga der Frauen. Der "Tatort: Im Abseits" ist ein mittelmäßiger Krimi voller Klischees und mit steifen Gastauftritten von Theo Zwanziger und Jogi Löw. In einem Punkt trifft der Film von Uwe Janson (Regie) jedoch die Realität: Um die Masse für den Frauenfußball zu begeistern, wird auf Sexappeal gesetzt. In TV-Spots schwingen Nationalspielerinnen den Puderpinsel, im "Playboy" lässt sich der DFB-Nachwuchs softpornografisch in durchnässten Trikots ablichten. Selten wurden Sportlerinnen derart als Marketingobjekte auf ihr Aussehen reduziert wie in der aktuellen Werbeoffensive. Der deutsche Kader wird vermarktet wie eine Girlgroup oder die Topmodels einer Castingshow.

In der Frauenzeitschrift "Brigitte" posieren die deutschen Frauen in einer Modestrecke als "Glamourgirls". Fatmire Bajramaj, das gut aussehende Aushängeschild der neuen Generation Fußballfrauen, erinnert den Autoren der Zeitschrift "eher an eine von diesen Spielerfrauen, mit denen sich Bundesliga-Kicker gern schmücken" - das soll offenbar ein Kompliment sein. Es gibt Beautytipps für Fußballerinnen. Der Sport wird zur Nebensache.

Schlimmer ist jedoch die Tussi-Inszenierung eines Elektronikmarktes: Mit wehenden Haaren und in Zeitlupe ziehen sich Profis wie Kim Kulig, Simone Laudehr oder Celia Okoyino die knallroten Lippen nach, bringen Puderpinsel und Mascarabürstchen mit aufs Spielfeld. Am Ende des Spots wird nicht etwa mit Vorurteilen aufgeräumt. Frei von Ironie werden im Abspann Waschmaschinen und Kaffeevollautomaten angepriesen. Gefangen in der Nachschminkzeit - die neue Selbstdarstellung der Spielerinnen bedient alte Klischees. Für einen Haarkosmetik-Konzern werben die Frauen mit ondulierten Föhnfrisuren ("So schön können Fußball-Profis sein"), und ein Sportartikelhersteller lässt Fatmire Bajramaj in einem TV-Spot in High Heels shoppen und sich - einmal mehr - die Lippen kräftig glossen. "Der Platz ist unser Laufsteg", sagt die hübsche Spielerin. Germany's next Spielerfrauen.

Auf Nachfrage betont eine Sprecherin des DFB, dass die neue Weiblichkeit in den Kampagnen keine geplante Werbeoffensive sei, sondern dass sich dieses neue Frauenbild durch junge Spielerinnen ergebe, die zu ihrer Weiblichkeit stünden. "Wir haben mit Kim Kulig oder Fatmire Bajramaj viele junge Frauen im Team, die sich gerne schminken - und gerne darüber reden", so die Sprecherin. Tatsächlich betonen die Frauen in Interviews gebetsmühlenartig ihre Begeisterung für Schuhe, Make-up und Mode. Die Spielerinnen von heute müssen nicht mehr nur auf dem Platz Profis sein. Sie müssen auch gut aussehen. Das ehemalige Lesbenimage des Frauenfußballs ist für Sponsoren tödlich. Bajramai hat das erkannt. Sie schminkt sich vor jedem Training und weiß: "Sponsoren schauen nicht nur auf das Talent."

Es ist das "Kournikova-Syndrom": Sexuelle Ausstrahlung von Sportlerinnen droht in den Massenmedien eine wesentlich größere Bedeutung einzunehmen als ihre sportliche Klasse. "Wir möchten unseren Sport vermarkten, nicht unseren Hintern", hat die Weltfußballerin Birgit Prinz vor ein paar Jahren gesagt. Die Zeiten sind vorbei.

Der DFB scheint nicht unglücklich darüber. Die Sexualisierung des Frauenfußballs durch manche Kampagne wird geduldet. Schließlich hätte man nichts gegen ein quotenträchtiges Sommermärchen. Die Frauenfußball-Barbie mit grotesk schmaler Taille und pinkfarbenem Lippenstift ist ein offizielles DFB-Lizenzprodukt. "20Elf von seiner schönsten Seite" lautet auch das offensichtlich auf die physischen Attribute abzielende Motto der WM. Es ist ein Eigentor: Nicht einmal der DFB scheint daran zu glauben, dass die Begeisterung für den Frauenfußball über rein sexuelles Interesse hinausgeht.

Tatort: Im Abseits Sonntag, 20.15, ARD