Der ZDF-Fernsehrat hat Thomas Bellut zum neuen Intendanten des Senders gewählt

Hamburg. Die vergangenen Wochen dürften für ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut, der Freitag zum neuen Intendanten des Senders gewählt wurde, nicht erbaulich gewesen sein. Der Feuilletonchef der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", Claudius Seidl, hatte angekündigt, ebenfalls für das Amt kandidieren zu wollen. Natürlich war das nicht ganz ernst gemeint. Doch mit seiner Jux-Kandidatur löste der Zeitungsmann eine für das ZDF unangenehme Diskussion aus.

Seidl fragte sich etwa, warum das ZDF gut 50 Millionen Euro pro Jahr für den Erwerb der Übertragungsrechte der Uefa Champions League versenken will, die bisher bei Sat.1 läuft, ohne dass die Gebührenzahler dafür einen Cent zahlen. Und er monierte, dass im Zweiten vorwiegend Telenovelas, "Traumschiff" und Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen zu sehen sind.

Fragwürdig fand er auch, wie der ZDF-Intendant gewählt wird. Kandidieren darf nur, wer von mindestens einem der 77 Fernsehräte des Senders vorgeschlagen wird. Die Mitglieder des Fernsehrats werden wiederum - so sie nicht ohnehin Politiker sind - von der Politik handverlesen. ZDF-Fernsehrat wird man nur mit dem Segen eines Länderministerpräsidenten. Nur die Kirchen und der Zentralrat der Juden dürfen ihre Vertreter selbst bestimmen.

Am Freitag stimmten von 73 anwesenden Fernsehräten 70 für Bellut als Intendant. Er ist ein Mann des Apparats. Bereits seit 1984, damals trat er sein Volontariat an, dient Bellut dem ZDF. Er ist quasi mit dem Sender verheiratet: Seine Frau Hülya Özkan ist Moderatorin der ZDF-Sendung "heute in europa" und seit 1986 beim Zweiten.

Dennoch ist Bellut mehr als nur ein grauer Senderfunktionär. Als Programmdirektor hat er das ZDF vorsichtig reformiert. Ihm ist es zu verdanken, dass es mit der "heute show" und "Neues aus der Anstalt" wieder politische Satire im Zweiten gibt. Er hatte wesentlich Anteil daran, dass aus dem ZDF mit den Digitalkanälen ZDFneo, ZDFkultur und ZDFinfo eine kleine Senderfamilie wurde. Insbesondere bei ZDFneo, wo für wegweisende US-Serien wie "Mad Men" und "30 Rock" ebenso Platz ist wie für Christian Ulmens abgedrehte Comedy "Die Snobs", erkennt man Belluts Handschrift. Der 56 Jahre alte promovierte Politikwissenschaftler und gelernte Journalist ist unter den herrschenden Bedingungen der wohl beste denkbare Nachfolger des bisherigen Intendanten Markus Schächter.

Man darf aber nicht zu viel von ihm erwarten. An der Quotenfixierung des ZDF wird sich auch unter dem Intendanten Bellut nichts ändern. Eine forcierte Verjüngung des Hauptprogramms wird es ebenso wenig geben. Schließlich ist der durchschnittliche ZDF-Zuschauer 61 Jahre alt. Es wäre schon viel gewonnen, wenn zumindest das eine oder andere ambitionierte Format der Digitalsender vom Hauptprogramm übernommen würde.