Beim Kaltstart-Festival glänzen Gastspiele aus Kassel und Bremerhaven

Hamburg. Lauter Verrücktheiten beim Kaltstart-Festival: Ilija Trojanows muntere Parabel über Flüchtlingshoffnungen und -enttäuschungen, "Die Welt ist groß und Rettung lauert überall", läuft mit großem Erfolg im Thalia in der Gaußstraße. Regisseurin Jette Steckel hatte mit Susanne Meister eine lebensnahe Stückfassung erstellt. Auch die Inszenierung vom Stadttheater Bremerhaven fußt auf dieser Vorlage.

Die Inszenierung von Tim Egloff setzt eigene Schwerpunkte, inszenierte die Odyssee des jungen Alex und seiner Familie als schnell geschnittenes Roadmovie. Regisseur Egloff, der für einen erkrankten Darsteller selbst einsprang, setzte ganz auf die Kraft und Dynamik der Schauspieler. Vor allem Mira Tscherne zeigte in zahlreichen Nebenrollen von der Großmutter Slatka bis zum arabischen Auswanderer im italienischen Auffanglager spielerischen Überschwang.

Auch Sebastian Schug verließ sich in seiner Kasseler Inszenierung von George Taboris Shakespeare-Collage "Verliebte und Verrückte" auf die Komik und Verwandlungskunst seines fabelhaften Darsteller-Quartetts. Es zappte sich von den Liebeswirren im "Sommernachtstraum" zu "Richard III." und "Antonius und Kleopatra". Jürgen Wink als maroder liebestoller Römer und Agnes Manns kapriziöse Nilschlange in einer herrlich flippigen Lady-Gaga-Parodie ("Bad Romance") gewannen der Tragödie Situationskomik und der Komödie tragische Zwischentöne ab.

Konzentriert auf Poesie und Wortwitz Shakespeares, blieben die vier im ersten Teil die innere Spannung emotionaler Raserei schuldig, zeigten sich aber im zweiten Teil in gelöster Hochform. Alina Rank und Björn Bonn bewiesen dann in der Balkonszene aus "Romeo und Julia", wie wenig und doch viel tolles Theater braucht: einen Dichter, ehrliche Spieler und einen subtilen Regisseur.

Kaltstart-Festival bis 2.7., diverse Orte, Programm unter www.kaltstart-hamburg.de