Summer Bishil überzeugt im Teenagerdrama “Unverblümt“

Wenn Alan Ball, preisgekrönter Drehbuchschreiber von "American Beauty" und Erfinder der TV-Serie "Six Feet Under", etwas anfasst, dann ist in der Regel außerordentliche Qualität garantiert. Um so erstaunlicher, dass sein Regiedebüt "Unverblümt" in den USA vor drei Jahren keine 400 000 Dollar einspielte und bei uns gar nicht erst ins Kino kam. Für einen kleinen Skandal war der Film allerdings dennoch gut, protestierten doch muslimische Bürgerrechtsgruppen gegen den Originaltitel "Towelhead", eine abfällige Bezeichnung für Araber. Na ja, da hat mal wieder jemand etwas gründlich missverstanden, denn natürlich ist "Unverblümt" nicht rassistisch, beschreibt aber - allerdings eher nebenbei - so alltäglichen wie facettenreichen Rassismus in den USA. Und noch vieles mehr.

Im Mittelpunkt des Geschehens steht die 13-jährige Jasira (Summer Bishil), die von ihrer Mutter (Maria Bello) zum libanesischen Vater nach Texas geschickt wird - als Strafe, weil sie sich die Schamhaare hat rasieren lassen. Hier, in Houston, wird das Mädchen nicht nur für "unangemessene Kleidung" geohrfeigt und muss auf Geheiß des streng religiösen Vaters den Kontakt zu einem schwarzen Freund abbrechen, es entdeckt auch zunehmend die eigene Sexualität. Als der erwachsene Nachbar (Aaron Eckhart), für den sie babysittet, sich für sie interessiert, fühlt sich Jasira nach anfänglicher Verunsicherung geschmeichelt. Doch das Verhältnis der beiden ist ein ungleiches und gipfelt in einen sexuellen Übergriff.

Ein älterer Mann und ein blutjunges Mädchen - diese Konstellation sorgte schon bei "American Beauty" für Wirbel, und "Unverblümt" geht noch einen Schritt weiter, windet man sich doch geradezu vor dem Fernseher, wenn der Familienvater die 13-Jährige lächelnd auffordert, sich mal kurz zu ihm aufs Bett zu setzen. Nicht um einvernehmlichen Sex geht es da, sondern um pädophilen Missbrauch.

Ein großes Thema, das den kompletten Film hätte tragen können, doch Ball wollte mehr. Und so spielt auch noch der erste Golfkrieg eine Rolle, werden rassistische Vorurteile thematisiert und die Pubertät als allgegenwärtiges Problemfeld lugt zusätzlich um die Ecke. Dass "Unverblümt" trotz dieser Zersplitterung überzeugt, liegt insbesondere an Summer Bishil, die zu Drehbeginn bereits 18 war, aber tatsächlich wie 13 wirkt, und die meisterhaft die Balance zwischen Unsicherheit und Neugier hält. Von ihr werden wir hoffentlich noch viel sehen.

Unverblümt USA 2008, 111 Minuten, ab 12 Jahren, als DVD erhältlich