Die junge Geigerin Chloë Hanslip interpretiert das Violinkonzert von Alban Berg

Müsste sie sich für eine musikalische Epoche entscheiden, hat die Geigerin Patricia Kopatchinskaja einmal gesagt, sie würde die zeitgenössische Musik wählen. "Das ist die Luft, die wir atmen." Da ist Kopatchinskaja eine Ausnahme. Die allermeisten Hörer kommen ohne die herkömmliche westeuropäische Harmonik nur schwer aus. Das gilt auch für die Zwölftonmusik, die immerhin schon 100 Jahre auf dem Notenbuckel hat: Die Intervalle reiben sich, wie sie wollen, tonale Bezüge spielen keine Rolle, und keiner der zwölf Töne einer Oktave darf sich wiederholen, bevor alle anderen erklungen sind.

Fordernd, bisweilen mühsam zu hören - wenn die Musik nicht gerade von Alban Berg stammt. Das ist am 19. Juni zu erleben, wenn die britische Geigerin Chloë Hanslip bei den Hamburger Symphonikern debütiert und unter der Leitung von Matthias Bamert den Solopart in Bergs Violinkonzert übernimmt. Wenige Zwölftonkompositionen kommen dem Hörer so entgegen wie dieses Stück. Berg, der Romantiker der Zweiten Wiener Schule, verbindet die Strenge der Zwölftontechnik mit Grazie und persönlichem Ausdruck.

Hanslip, 23, hat sich vom Geigengirlie zu einer ernst zu nehmenden Künstlerin gemausert. Wer sich für Werke eher abseitiger Komponisten wie Jenõ Hubay oder Benjamin Godard einsetzt, dem kann man nicht vorwerfen, sich dem Mainstream an den Hals zu werfen. Dieselbe Handschrift trägt auch das übrige Programm: Bamert dirigiert die erste Sinfonie von Hans Werner Henze und Arnold Schönbergs Orchesterfassung des g-Moll-Klavierquartetts von Johannes Brahms.

Eine Fanfare für die Moderne! Oder "Himmelstöne für einen Engel" - so lautet das Motto des Abends. Berg hat sein Violinkonzert nämlich "Dem Andenken eines Engels" gewidmet: Manon Gropius, der Tochter Alma Mahler-Werfels aus ihrer Ehe mit dem Architekten Walter Gropius, die Berg liebte wie eine eigene Tochter. Manon starb 1935 mit 18 Jahren an Kinderlähmung, der Komponist überlebte sie nur um wenige Monate.

Himmelstöne für einen Engel So 19.6., 20.00, Laeiszhalle (U Gänsemarkt), Johannes-Brahms-Platz, Karten zu 8,- bis 42,- unter T. 44 02 98; www.hamburgersymphoniker.de