Der belgische Sänger muss seinen Auftritt heute im Stage Club wegen einer Stimmbandentzündung absagen. Tickets können zurückgegeben werden.

Stage Club. Das Konzert des belgischen Sängers Ozark Henry heute Abend, 14. Juni, im Stage Club in Hamburg findet nicht statt. Das gab die Konzertdirektion Karsten Jahnke am Dienstag bekannt. Ozark Henry müsse den Auftritt wegen einer akuten Stimmbandentzündung absagen. Die Eintrittskarten für das Hamburger Konzert können bei den jeweiligen Vorverkaufsstellen zurückgegeben werden.

Lesen Sie dazu die Konzertvorschau, erschienen am 14. Juni im Hamburger Abendblatt :

Überhaupt nicht abgehoben

Das Erste, was einem an Ozark Henry auffällt, sind die Flipflops an den Füßen. Mit ihrem braunen Leder setzen sie einen Kontrast zur ansonst schwarzen Aufmachung. Dazu dieser stählern blaue Blick unterm blonden Wikinger-Schopf. Das Zweite ist die Musik. Die ersten Takte des Openers "This One's For You" aus Henrys aktuellem Album "Hvelreki" erinnern an "Square One", einen Song der britischen Band Coldplay. Es ist diese Verhaltenheit vor einem musikalischen Sturm, der gleiche Impetus, das Pathos, das zwingende Bekenntnis zur eigenen Gefühlswelt. Und so bricht auch "This One's For You" nach und nach aus in reinsten Breitband-Pop, dessen melodische Ursprünge viel weiter zurückreichen, nämlich bis zu den Beatles.

In seiner belgischen Heimat ist der 41-Jährige ein Superstar. Einer, der Stadien füllt. Der bislang für jedes seiner sechs Alben mit Platin ausgezeichnet wurde. Und der einem exzessiven Hobby als Designer frönt. Möbel und Fahrräder hat er bereits gestaltet - und Flipflops für Floris van Bommel. "Ich würde am liebsten immer barfuß laufen, auch im Winter. Wenn nur die Straßen nicht so schmutzig wären", sagt er.

In Belgien werden seine Songs permanent im Radio gespielt. Hierzulande kennt ihn kaum jemand. Immerhin ist er nun mit der EMI bei einem Major Label gelandet und tritt später im Juni bei einigen Konzerten im Vorprogramm des Pop-Duos Roxette auf.

Heute ist er im intimen Stage Club zu Gast. Dabei passt seine Musik eher auf die großen Festivals Marke Rock am Ring. Der Sänger und Multiinstrumentalist, der bürgerlich Piet Goddaer heißt, findet für sein Inkognito-Dasein auch keine rechte Erklärung. "Für den Rest der Welt existiere ich nicht. Aber das ist alles nicht planbar", sagt er: "Mein viertes Album zusammen mit Jaki Liebezeit war das bislang erfolgreichste, dabei sagten alle, das sei kommerzieller Selbstmord. Es gibt keine Regeln." Die Ähnlichkeit seiner filigranen Soundlandschaften mit Coldplay schiebt der Sänger auf den Produzenten. Youth heißt er, und nicht umsonst zählt er The Verve, U2 oder Depeche Mode zu seinen Kunden.

Dass Musik eine wichtige Form seines künstlerischen Ausdrucks sein würde, hat sich bei Ozark Henry schon früh abgezeichnet. Sein Vater ist ein bekannter Jazz- und Klassik-Komponist. Als 16-Jähriger lernte Henry das Gitarrespielen und formierte mit seinem Bruder die Band Church of Nemesis. Einige Jahre später, 1994, gründeten beide das Hip-Hop-und-Funk-Projekt Word. 1996 kam sein erstes Soloalbum auf den Markt. Kein geringerer als David Bowie erkor es zum "Debüt des Jahres".

Wenn Ozark Henry überhaupt Starallüren hat, dann hat er sie zu Hause gelassen. In das angenehm Unkomplizierte mischt sich bei ihm eine dominante Nachdenklichkeit, die sich auch in seinen Texten spiegelt. Mit heiserer Stimme singt er davon, wie er jemanden vermisst, der eigentlich ganz nah ist. Seine Lieder handeln von dunklen Nächten und der Frage, wohin die Reise des Lebens geht. "A Night Sea Journey" ist ein Gänsehaut-Song, großes Melodrama, das zur Rockhymne wird. Auch die Ballade "Yours And Yours Only" geht unter die Haut. Mit euphorischen Gitarren und ergriffen seufzenden Keyboards. Eine Musik, die auch hierzulande normalerweise mühelos ihr Publikum finden müsste.

"Eigentlich ist das ganze Album eine einzige Geschichte des Vergehens", sagt er. "Das macht ja das alltägliche Leben aus. Wir versuchen Ordnung in das Chaos zu bringen, und die Natur versucht, zum Chaos zurückzukehren." Seine Gedanken über die Welt hat er auf einer ausgedehnten Reise durch Indien und Afrika zur Zeit der Finanzkrise entwickelt. "So viele schöne Menschen an einem schlimmen Ort. Von 100 haben nur zwei ein schönes Leben. Das ist schwer zu ertragen." Seine Reise infiltrierte auch den Song "Godspeed", in dem er sich zum Mahner im Angesicht der Klimakatastrophe aufschwingt.

Ozark Henry ist ein Sinnsucher und ein Mann, der seine Worte gerne mit Bedeutung auflädt. Nach dem Albumtitel "Hvelreki" gefragt, schmunzelt Henry. "Das heißt wörtlich übersetzt 'Mag ein ganzer Wal bei dir stranden' und ist eine isländische Redensart, um jemandem Glück zu wünschen." Vielleicht bringt es ja auch Ozark Henry ein wenig Glück - oder zumindest ein wenig mehr Bekanntheit.

www.ozarkhenry.de