Berlin. Hermann Kant galt als "Staatsschriftsteller" der DDR bis zu deren Untergang. Sie sei "keineswegs, wie Stefan Heym behauptet hat, nur eine Fußnote der Geschichte", sagte er in einem Interview anlässlich seines 85. Geburtstages am heutigen Dienstag. Der gebürtige Hamburger war als Nachfolger von Anna Seghers von 1978 bis 1989 auch Präsident des DDR-Schriftstellerverbandes. So konnte er nicht nur über das Schicksal von Büchern entscheiden, sondern auch über das ihrer Verfasser. Und das bekamen zum Beispiel jene Autoren zu spüren, die 1976 gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann protestiert hatten: Kant warf sie kurzerhand aus seinem Verband, was ihnen die berufliche Existenzgrundlage entzog. Wie kein anderer Literat verkörperte Kant die offizielle DDR-Kulturpolitik. Sein 1965 veröffentlichter Debütroman "Die Aula" erreichte eine Millionenauflage. Während die meisten seiner Prosa-Arbeiten heute kaum noch Beachtung finden, gilt sein 1977 erschienener Roman "Der Aufenthalt" als großes Werk der deutschen Nachkriegsliteratur.