Produzent Oliver Berben setzt im nächsten Teil der Simmel-Festspiele im ZDF seiner Mutter Iris Berben ein Denkmal

Hamburg. Wie gut, dass sich das ZDF und Produzent Oliver Berben nach dem Streit um Produktplatzierungen wieder vertragen haben. Es wäre doch zu schade gewesen um die Rechte an 35 Romanen von Johannes Mario Simmel, die sich Berben in den letzten Jahren mühevoll zusammengesucht und gesichert hatte. Vor zweieinhalb Jahren begannen die Simmel-Festspiele im ZDF: "Und Jimmy ging zum Regenbogen", "Gott schützt die Liebenden" und "Liebe ist nur ein Wort" wurden bereits ausgestrahlt - und ernteten von Kritikern zum Teil ebenso viel Häme wie des Autors Hang zum Trivialen. Massentauglich waren die filmischen Umsetzungen trotzdem, wie die Romane des österreichischen Schriftstellers, die sich weltweit 70 Millionen Mal verkauften.

Jetzt wagte Berben sich also an "Niemand ist eine Insel". Simmels 600 Seiten umfassender Roman von 1975 ist so vollgepackt mit Gesellschaftskritik und Handlungssträngen, dass die Verfilmung eigentlich zum Scheitern verurteilt ist. Wäre da nicht die Mutter des Produzenten, der er mit diesem Film ein Denkmal setzt: Iris Berben.

In "Niemand ist eine Insel" beschreibt Simmel den Prototyp einer Diva, den kapriziösen und weltentrückten Leinwandstar Sylvia Moran. Bereits vor 20 Jahren bat der vor zwei Jahren verstorbene Bestsellerautor, der Drehbücher für Hildegard Knef oder Romy Schneider geschrieben hatte, seine gute Freundin Iris Berben, die Romanfigur zu spielen.

Damals fühlte die Schauspielerin sich nicht geeignet für die Rolle des vereinsamten Weltstars, der am Ruhm zerbricht. Aber nun. Mit 60 Jahren.

Simmels Sylvia Moran ist eine Diva. Strahlend schön, ehrgeizig, erfolgreich, launisch. Kein Schritt von ihr bleibt unbeobachtet. Die Presse giert nach Skandalen. Wenn sie sich einsam fühlt in ihrer prächtigen Villa und keine Lust hat, den Rotwein alleine zu trinken, dann wirft sich der depressive Star in eine goldene Abendrobe und ruft den befreundeten Fotografen an. "Hey komm, fotografier mich. Weißt du was, manchmal denke ich, mich gibt's überhaupt nur, wenn ich fotografiert werde. Oder wenn ich Filme mache. Nur dann lebe ich. Ich möchte am liebsten jeden Tag fotografiert werden. Ich bin süchtig nach meinen Bildern. Weil ich süchtig bin nach Leben."

Sylvia Moran ist auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, als sie bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung backstage einen Nervenzusammenbruch erleidet. Zwar ist nur ihr Lebensgefährte dabei, als sie eine Salve politischer Unkorrektheit gegen die behinderten Kinder loslässt, die sie gerade noch auf der Bühne getätschelt hatte, jedoch hat jemand ein Aufnahmegerät in der Garderobe deponiert - und wird sie später mit ihrem verbalen Ausrutscher erpressen. Morans Entourage, bestehend aus ihrem Manager und jungen Geliebten Philipp (Henning Baum) und ihrer Assistentin Clarissa (Stefanie Stappenbeck), packen sie zwar in Watte, können sie jedoch nicht vor dem Karma bewahren: Sylvias Teenietochter Nele (Paula Knüpling) erkrankt schwer an einer Hirnhautentzündung - es droht ein "Krüppeldasein", das die Mutter doch bei den anderen Kindern so angewidert hat. Statt am Bett zu wachen, macht sie sich kamerageil nach Rügen auf, wo sie "Medea" dreht, nach der griechischen Tragödie von Euripides, in der eine Frau ihre Kinder umbringt.

Man könnte dem ZDF-Melodram vorwerfen, es wäre so schwer wie der Rotwein, den Iris Berben als am Leben scheiternder Filmstar in sich hineinschüttet. Fast erdrückend sind die wuchtigen, edlen Bilder, mit der Berbens Hof-Regisseur und Simmel-Freund Carlo Rola ("Rosa Roth") die simmelsche Dramatik zu fassen sucht.

Im Kontrast zu der Opulenz der Bilder steht Simmels breite Gesellschaftskritik, die für die Primetime extrem verkürzt wurde. Drehbuchautor Knut Boeser hat mehrere Anläufe gebraucht, um das Psychogramm eines gebrochenen Filmstars und die Fundamentalkritik an der Mediengesellschaft in 90 Minuten unterzubringen. Schließlich erfand er den Roman von 1975 ganz neu. Es tat dem umfangreichen Stoff gut.

Es ist aber vor allem die Grandezza, mit der Iris Berben die exzentrische Dramaqueen darzustellen vermag, die den Film sehenswert macht. Berben, die gerade erst am Freitag den Bayerischen Fernsehpreis für ihr Lebenswerk überreicht bekommen hat, trägt den ganzen Film als alternder Superstar mit Allüren. Auch wenn der Film mitunter etwas kühl zusammengefasst wirkt, ist es die Berben, die am Ende alles aus sich und dem Stoff herausholt.

Niemand ist eine Insel Montag, 20.15, ZDF