Hamburg. Das Verhältnis von Imagination und Dokumentation ist den beiden libanesischen Filmemachern Joan Hadjithomas und Khalil Joreige eine Herzensangelegenheit. Unermüdlich ergründen sie in ihren Installationen und Filmen die Bezüge zwischen Realität und Fiktion - mit verblüffenden Ergebnissen. In der mit Dias unterlegten Lecture "Aida Sauve Moi", die jetzt im Alabama-Kino beim Live-Art-Festival gastierte, schildern die beiden die Empörung einer Witwe, die feststellt, dass das Bild ihres verstorbenen Mannes in den Film "A Perfect Day" des Künstlerduos montiert wurde.

Leben und Film durchdringen einander auf mystische Weise, denn der Film erzählt die Geschichte eines notorisch schlaflosen Mannes und seiner Mutter, die mit dem Verschwinden ihres Ehemannes ringt. Vor 15 Jahren verschwand er spurlos, so wie15 000 andere in den Wirren des libanesischen Bürgerkrieges. Es sind seltsame körperlose Tote, deren Geister die Lebenden zu verfolgen scheinen.

Kriegsbilder kommen heute meist per Fernsehkamera zu uns. Diese Distanzierung versucht das Künstlerduo in seinem experimentellen Film "I Want to See" aus dem Jahre 2008 auszuhebeln. Und das gelingt erstaunlich gut. Per Brief brachten die Filmer die französische Überdiva Catherine Deneuve dazu, mit dem Schauspieler Rabih Mroué die kriegsversehrten Orte im Süden des Libanon zu bereisen. Ihr Name ermöglichte dem Filmteam auch den Zutritt in gesperrte Grenzbereiche.

Unwirklich mutet die stets so ikonenhaft stilvolle Deneuve an, wie sie durch eine Sinfonie aus Schutt, Staub und Asche stapft. Die Bilder sind in ihrer medialen Erzählwirklichkeit so stark, dass man über die belanglosen Dialoge übers Rauchen und die Anschnallpflicht hinwegschaut. Im Angesicht der ausgebombten Häuser und des bedrohlichen Lärms tief fliegender Flugzeuge gerät selbst die Maske der Diva ins Wanken. "I Want To See" visualisiert den Schrecken damit stärker als jeder standardisierte TV-Film.