Matthias Matussek gibt in “Das katholische Abenteuer“ den überzeugten Glaubensmann und wortmächtigen Missionar.

Hamburg. Was ist passiert? Ein katholischer Berserker hat seine Laienpredigt zur Rettung dieser Welt, die ihm am Herzen liegt, in den von ihm selbst gleichermaßen gescholtenen wie auch hofierten Kulturbetrieb hinein geschrieben. "Das katholische Abenteuer" des Journalisten und Autors Matthias Matussek ist ein Ereignis! Matussek meint es mit seinem Glauben an die katholische Kirche, an die katholische Lehre und seinem Glauben an Gott, Jesus und dessen Auferstehung verdammt ernst. Und er wirft seine Person, seine Lebensgeschichte für seine katholische Sache in die Waagschale, fast ohne Netz und doppelten Boden. Das imponiert.

Niederknien und Beten und das göttliche Licht sehen, das ist das eigentliche Credo des Buches. Man glaubt Matussek seinen im besten Wortsinn naiven Glauben. Zwar relativieren die vielen Redundanzen in Gestalt der sich durch das Buch ziehenden Hinweise darauf, dass der Glaube an Gott zumindest eine weise Sache sei oder dass Gott zumindest eine gesellschaftsnützliche Größe wäre, ein wenig die Unbedingtheit des Bekenntnisses, aber der Autor ist - und das muss man anerkennen - bereit, das Äußerste zu geben.

Anfang der 70er-Jahre ist Matussek in den, auch mit Drogen gefüllten, 68er-Topf gefallen. Er war zum Kommunismus "konvertiert", vom Glauben verlassen und lebensmüde, nah am Tod. Er wurde gerettet und ist von seinem Vater und dessen Glauben wieder auf seine katholische Spur gebracht worden. So etwas erzählt man in der Form, wie Matussek es tut, nur aus der Position der Stärke, in diesem Fall der Stärke des katholischen Glaubens.

In jedem Fall hat Matussek, der gleichzeitig ein seit Langem etablierter Journalist und in gewissem Sinne auch ein Outlaw ist, mit diesem Buch sicher zum Erstaunen einiger einen verschütteten Nerv vieler Menschen getroffen.

Das Buch ist ein Plädoyer für den katholischen Gottesglauben. Es ist ein Stück Mission, und da macht Matussek, wovon er der Kirche abrät, die er auf die 2000 Jahre alten Dogmen, auf das Ritual, auf die Liturgie, auf die formelhaften Inhalte verpflichten will: Er geht auf den öffentlichen Marktplatz, wie er nun einmal ist. Er geht auf die nach seiner Auffassung ins Verderben treibende Gesellschaft los und auf die spirituell verkümmernden Menschen zu, die er von ihren Götzen und Religionssubstituten befreien will. Man lasse sich nicht von der clownesken Ader des Autors blenden. Es verbirgt sich Verzweiflung und Sorge dahinter, dass die Welt irreparabel aus den Fugen geraten könnte.

Matussek kobert, was das Zeug hält. Er nennt das katholische Leben und selbst den Zölibat ein "Abenteuer" und das Bekenntnis zum christlichen Glauben "avantgardistisch." Seine Kirche, das sei wie die Sex Pistols ohne Sex und Pistolen. Seine "hohlen" und "irrlichternden" Zeitgenossen umgarnt Matussek mit Anekdoten, mit Humor, mit rührenden und interessanten Erzählungen aus seinem eigenen Leben und Geschichten von Menschen, die den rechten Glauben leben, lehren oder wieder gefunden haben. Matussek setzt quasi auf einen Automatismus, dass, wer den kirchlichen Prozeduren folgt, auch die "Erleuchtung" erführe. Dieser Automatismus hat allerdings, wie Matussek weiß, in den letzten fünfzig Jahren versagt, in dem die Kirche sehr viele "Schäfchen" verloren hat.

Er erläutert die Debatten um Papst Benedikt XVI., wobei er manches glatt bügelt, und er argumentiert sich durch die allseits bekannten Dollpunkte im Kirchendiskurs, durch Missbrauchsskandal, den Zölibat, die Hexenverbrennungen und die Kreuzzüge. Die Exklusivstellung des Papstes, die Glaubensherrschaft der Männer und letzten Endes das starke Subordinationsverhältnis der gläubigen Katholiken unter ihren Hirten schreibt er wie vieles andere schön. Vielleicht spreizt sich Matussek, der Sünde der Eitelkeit nicht abhold, manchmal ein bisschen zu sehr. Es gibt zu viel Namedropping, überwiegend ohne sachlichen Mehrwert. Auch die wiederholten antikapitalistischen Einsprengsel wirken hohl und damit eher kontraproduktiv.

Matussek setzt seinen katholischen Glauben gegen die Djihadisten im deutschen Feuilleton, wie er sie nennt. Er rügt den Zeitgeist, der sich gegen das Christentum im Allgemeinen und besonders gegen die katholische Kirche verschworen habe. Und er rügt die Tendenz der Massenmedien, im Gegenzug Tatsachen, die den Islam oder die Muslime belasten, zu unterdrücken und eine Art Überhöhung zu Gunsten des Islam und der Muslime zu zelebrieren.

So viele Seitenhiebe Matussek auf seine Glaubensbrüder in der evangelischen Kirche auch verteilt, so sehr scheint Matussek doch Lust zu verspüren, ein katholischer Martin Luther zu werden. Nicht um sich abzuspalten, aber doch um der katholischen Kirche die Sünde der Anbiederung an den Zeitgeist auszutreiben. Ein starker Auftritt!

Matthias Matussek liest am 21.6., 20 Uhr, in den Hamburger Kammerspielen aus seinem Werk. Anschließend gibt es eine Podiumsdiskussion mit Hellmuth Karasek und Michael Jürgs