Die italienische Hafenstadt ist Thema einer vergleichenden Foto-Ausstellung, die sich auch um Hamburg dreht

Speicherstadtmuseum. Die Ähnlichkeit ist erstaunlich, aber die Unterschiede sind es auch. Wie Hamburg besitzt auch die Adriastadt Triest einen großen Lagerhauskomplex. Er wurde zur selben Zeit wie die Speicherstadt errichtet, doch seit zwei Jahrzehnten geben die italienischen Behörden dieses großartige Denkmal der Industriearchitektur dem Verfall preis. Im Speicherstadtmuseum ist zurzeit eine Fotoausstellung zu sehen, die das Hamburger und das Triester Lagerhausviertel im direkten Vergleich zeigt.

Im ersten Teil der Schau werden Farbfotografien gezeigt, mit denen Thomas Hampel Hamburgs großen Lagerhauskomplex einerseits in seinen städtebaulich-architektonischen Zusammenhängen dokumentiert, andererseits aber auch dem ästhetischen Reiz der Industriearchitektur nachspürt. Seine Bilder zeigen die besondere Atmosphäre der von Gebrauchsspuren, Patina und "Jahresringen" gezeichneten historischen Gebäude. Sie dokumentieren ein weitgehend intaktes Industriedenkmal, dessen traditionelle Funktion seit einigen Jahren immer mehr durch neuartige Nutzungen abgelöst wird, dessen Bestand jedoch grundsätzlich nicht gefährdet zu sein scheint.

Die Speicherstadt ist ein lebendiger und zukunftsträchtiger Teil der Stadt, der auch zahlreiche auswärtige Besucher anlockt. Gemeinsam mit dem Chilehaus und dem benachbarten Kontorhausviertel könnte das neugotische Lagerhausquartier vielleicht sogar in einigen Jahren in die Welterbe-Liste der Unesco aufgenommen werden.

Die Situation in Triest ist völlig anders: Die Schwarz-Weiß-Fotografien von Giorgio Masnikosa hinterlassen einen zwiespältigen Eindruck: Einerseits wird auch hier der besondere Reiz der Gründerzeitarchitektur spürbar, doch ist diese schon auf erschreckende Weise vom Verfall gezeichnet. Morbid, verzaubert, verwunschen muten die Fotografien an, die einen Gebäudekomplex zeigen, der von einer ganz eigenen Geschichte kündet.

Als der Porto Vecchio erbaut wurde, sprach man in Triest vor allem Deutsch. Die Stadt an der Adria war der Haupthafen der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie. Giorgio Zaninovich, der maßgebliche Baumeister des seit den späten 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts entstandenen Ensembles, war ein Schüler des Wiener Jugendstil-Architekten Otto Wagner. Trotz der umlaufenden Loggien, die den meisten Lagerhäusern vorgeblendet sind, wirkt die Architektur daher auch weniger mediterran als mitteleuropäisch. Ähnlich wie bei der Hamburger Speicherstadt versuchte man auch in Triest, einen damals hochmodernen und funktionalen Hafenbereich mit historischem Dekor zu versehen.

Eigentlich böte der Porto Vecchio, der sich dem historischen Zentrum direkt anschließt, Triest die einmalige Chance, sich stärker zum Wasser zu öffnen. Die ehemaligen Speicher ließen sich in Lofts, Restaurants, Galerien und Klubs umgestalten. Schon seit einigen Jahren kämpft die Initiative Italia Nostra - auch mit Hinweis auf das Hamburger Beispiel - für eine Revitalisierung des seit Ende der 1980er-Jahre nicht mehr genutzten Freihafenbereichs, bisher ohne nennenswerten Erfolg.

Nur ganz wenige Speicher, auch das zeigen die Fotos von Giorgio Masnikosa, konnten bisher saniert und damit gerettet werden. Die große Mehrzahl befindet sich in ruinösem Zustand, was freilich großartige Fotomotive hergibt, Bilder von morbidem Charme. Harte Schlagschatten, manchmal nahezu grafische Strukturen, dann aber wieder ornamentale oder technische Details bestimmen die Komposition dieser Bilder, die fast unwirklich erscheinen.

Da gibt es Innenhöfe, die von Büschen überwuchert sind, Dachrinnen, aus denen Birken wachsen, zerbrochene Fenster und Blicke in Hallen, in denen Hydraulik-Maschinen stehen, die im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts in Prag hergestellt wurden und die eigentlich als technische Denkmäler dringend erhalten werden sollten. Masnikosas Bilder zeigen ein Architekturensemble zwischen Dornröschenschlaf und Agonie - bleibt zu hoffen, dass es den Aktivisten von Italia Nostra doch noch gelingt, die Behörden aufzuwecken, damit der Porto Vecchio ähnliche Entwicklungschancen erhält wie die Hamburger Speicherstadt.

Hamburg | Triest - Speicherstadt und Porto Vecchio: Fotos von Thomas Hampel und Giorgio Masnikosa, bis 31. Juli 2011, Speicherstadtmuseum (Metrobus 3), St. Annenufer 2, Mo-Fr 10.00-17.00, Sa, So 10.00-18.00