“Too old to Rock 'n' Roll, too young to die“. Die britische Heavy-Metal-Band Saxon ist noch lange nicht zu alt für Rock 'n' Roll.

Markthalle. "Too old to Rock 'n' Roll, too young to die". So heißt nicht nur ein Song der weitgehend vergessenen Rock-Band Jethro Tull, dieser Satz beschreibt auch recht gut das Schicksal gealterter Ex-Stars, die ihren kreativen Zenit längst überschritten haben, die nur noch von der glorreichen Vergangenheit zehren und auf der Bühne eine eher traurige Figur abgeben. Theoretisch könnte Biff Byford, Frontmann der britischen Heavy-Metal-Legende Saxon, in diese Kategorie fallen. Schließlich hatte seine Band ihre kommerzielle Hochzeit vor 30 Jahren, als Alben wie "Wheels Of Steel", "Strong Arm Of The Law" und "Denim And Leather" es bis in die Top-Positionen der Charts schafften. Danach kam längere Zeit wenig bis nichts, vor allem in den Neunzigern.

Doch der 60-Jährige ist alles andere als eine traurige Gestalt. Verwaschene Jeans, T-Shirt, lange blonde Haare, ein paar Ketten um den Hals: Entspannt lümmelt Byford in der Lobby des Park-Hyatt-Hotels und spricht nur zu gern über das neue Saxon-Album "Call To Arms", das soundmäßig an die frühen Klassiker erinnert. "Wir schreiben immer noch großartige Songs, sind eine starke Live-Band und leben nicht von unseren Erinnerungen", sagt Byford, der seine vor einigen Jahren veröffentlichte Biografie sehr passend "Never Surrender" (dt. niemals aufgeben) genannt hat. "Wir werden alle älter, aber ein Problem gibt es nur dann, wenn die Musik sich alt und verbraucht anhört." Was bei Saxon speziell dann nicht der Fall ist, wenn die Band auf einer Bühne steht und bis zu zwei Stunden Heavy-Metal-Vollbedienung serviert. "Es ist eine rebellische, stolze Musik ohne falsche Eitelkeiten. Wir schwitzen und schreien, und ich glaube nicht, dass das Publikum über unser Alter nachdenkt." Eher schon könnte Saxon mittlerweile über das Alter ihrer Fans nachdenken, denn neben denen, die schon seit Jahrzehnten in sorgsam mit Aufnähern verzierten Jeanskutten die Matte schütteln, haben längst auch jüngere Fans die lebende Legende entdeckt. "Manchmal sind gleich drei Generationen bei Konzerten zu finden", berichtet Biff Byford und ergänzt: "Warum auch nicht, wir machen die Kinder schließlich nicht zu Teufelsanbetern, sondern garantieren einfach eine gute Zeit." Rock 'n' Roll eben.

Ähnlich wie beispielsweise Motörhead oder Iron Maiden hat Saxon zu Deutschland ein besonderes Verhältnis. In den dunklen Neunzigern, als Grunge plötzlich das ganz große Ding war und Metalbands reihenweise ihre Plattenverträge verloren, blieben die deutschen Fans treu, kauften die CDs, gingen in die Konzerte. Anders als in der britischen Heimat, wo die Musikpresse schon bald kein Interesse an Interviews oder Rezensionen mehr hatte und einen dicken Schlussstrich unter das Kapitel Saxon zog. "Wir waren immer sicher, dass der Wind sich eines Tages wieder drehen würde", sagt Byford, aber klar ist eben auch, dass Saxon ohne die Lizenzeinnahmen aus den alten Gassenhauern in eine schwere finanzielle Krise geraten wären. Dem Grunge-Trend folgen oder sich in irgendwelche Crossover-Untiefen begeben, kam für einen Heavy-Metal-Maniac wie Byford jedenfalls nicht in Frage. "Wenn ich etwas gelernt habe, dann, dass es wichtig ist, sich treu zu bleiben und auf seine Stärken zu besinnen."

Einige dieser Stärken - zwingende Melodien, unbändige Energie, reichlich Herzblut - spielt Saxon auch auf "Call To Arms", dem mittlerweile 19. Studioalbum, aus. Der Lohn: gut gefüllte Konzertsäle, Engagements bei Top-Festivals wie Sweden Rock oder Sofia Rocks und eine rundum zufriedene Fan-Schar aller Altersklassen, die sich heute unbedingt rechtzeitig in der Markthalle einfinden sollte. Denn: Auch die Vorgruppen Vanderbuyst und Crimes Of Passion, zwei klassische Heavy-Metal-Truppen, sind weit davon entfernt, "too old to Rock 'n' Roll" zu sein.

Saxon: heute 20.00, Markthalle (U Steinstraße), Klosterwall 9-21, Karten zu 25,- im Vorverkauf; www.saxon474.com