Neil Hannon, Sänger von The Divine Comedy, ist heute zu Gast in Hamburg. Ohne seine Band, aber mit Klavier

Knust. Stil ist ihm alles. Bei Neil Hannon gehört elegante Kleidung immer zum Outfit: Auf dem Cover seines aktuellen Albums "Bang Goes The Knighthood" posiert er mit Bowler, Fliege und geschwungener Pfeife im Schaum einer Badewanne. Ein schwarzer Hund leistet ihm Gesellschaft, die Champagnerflasche steht in Reichweite. Das wirkt dekadent, passt aber zur Musik dieses Künstlers, der sich in keine Schublade einsortieren lässt. Neil Hannons Songs sind voller literarischer Anspielungen und kulturgeschichtlicher Referenzen, seine Kompositionen nehmen Elemente des französischen Chansons genauso auf wie den opulenten Pop von Scott Walker oder den Gitarrenrock von R.E.M. Schon der Name seiner Band macht klar, dass Neil Hannon zum Bildungsbürgertum und nicht zur Arbeiterklasse gehört: The Divine Comedy nennt er sich.

Wobei die Namensgebung nach Hannons Aussage eher auf einem Zufall beruht. Als er Anfang der 90er-Jahre nach einem Namen für seine Band sucht, fällt sein Blick im Elternhaus in Dublin auf eine Ausgabe von Dante Aligheris "Göttlicher Komödie". Der Titel gefällt ihm wegen des guten Klangs, und er nennt sein Projekt "The Divine Comedy", ohne etwas über Dantes Reise durch die Hölle bis ins Paradies zu wissen. Erst ein paar Jahre später schafft der irische Dandy es, das mittelalterliche Werk zu lesen.

Zu der Zeit lebte er jedoch schon in London, weil dort die Voraussetzungen für den ambitionierten jungen Mann günstiger sind, seine künstlerischen Visionen umzusetzen. 1993 erscheint "Liberation", das Debüt von The Divine Comedy. Damals steckt hinter dem Namen keine Band, sondern einzig Neil Hannon. Ganz allein hat der Multiinstrumentalist und Sänger das Werk eingespielt. Eine Band stellt er erst ein Jahr später zusammen, nachdem er den Komponisten und Musiker Joey Talbot kennengelernt hat.

In seiner nun schon fast zwei Jahrzehnte dauernden Karriere hat Neil Hannon seine Band immer wieder vergrößert oder verkleinert. "A Short Album Of Love" (1997) zum Beispiel nahm er mit 30 Streichern auf, "Victory For The Comic Muse" (2006) und "Bang Goes The Knighthood" sind ebenfalls opulent orchestriert. Doch wenn Neil Hannon heute Abend ins Knust kommt, wird er den Abend als Solist nur am Klavier bestreiten. Seine Songs geben diese Reduzierung her. Hannon kann ihnen jeden Schnörkel nehmen, ohne dass die Lieder an Dramatik verlieren. Der 40 Jahre alte Sänger verfügt über genügend Pathos und Theatralik, um jede Nuance seiner feinsinnigen Lieder auszudrücken.

Auf "Bang Goes The Knighthood" beschäftigt Neil Hannon sich in "The Complete Banker" mit der aktuellen Finanzkrise und macht keinen Hehl daraus, wie sehr er die Gier der Banker und Broker verabscheut. "Neapolitan Girl" ist von den Kriegstagebüchern des britischen Schriftstellers Norman Lewis inspiriert. Der Song handelt von jungen Neapolitanerinnen, die sich auf Friedhöfen für alliierte Soldaten prostituieren. Auch der Titelsong hat Sex zum Inhalt und beschreibt gewisse Praktiken, die bei Entdeckung in der prüden englischen Adelsgesellschaft vermutlich umgehend zum Verlust von Stellung und Ehre führen können.

Neil Hannon hat einen sehr eigenen Blick auf die Welt, er macht ihn zu einem herausragenden Songschreiber der britischen Popszene. Obwohl auch er über eine MySpace-Seite verfügt, macht er sich höchst wenig aus dem Hype um die verschiedenen sozialen Netzwerke wie Facebook und Twitter, er holt in "The Lost Art Of Conversation" sogar zu einem lustigen Gegenschlag aus. Darin fordert er Überfälle auf andere Leute, um sie zu intelligenten Gesprächen zu zwingen. Allerdings ist Neil Hannon klar, dass solche unzeitgemäßen Aktionen böse enden können. In der Zwangsjacke nämlich.

The Divine Comedy heute, 21.00, Knust (U Feldstraße), Neuer Kamp 30, Karten 32,-; Internet: www.thedivinecomedy.com