Hamburg. Für den Künstler Jonathan Meese ist alles Spielmaterial: Ideologien, Geschichte, Mythen, Alltag. Nun steht er Pate für einen Abend, der zu Beginn behauptet: "Das Theater braucht dieses Stück nicht." Stimmt nicht. Das Theater braucht dieses mit dem Förderpreis für Junge Dramatik des Berliner Theatertreffens 2009 dekorierte Stück. Glücklich, wer eine Karte für Oliver Klucks "Das Prinzip Meese" in der Regie des gefeierten Jung-Regisseurs Antú Romero Nunes vom Maxim-Gorki-Theater erhalten hat, das jetzt in der Gaußstraße gastierte. Denn so viel Laune hat Theater lange nicht gemacht.

Diese Inszenierung ist so unübersichtlich, irrwitzig, naseweis wie die ganze Meese-Kunst. Bühnenarbeiter werden zu Mitspielern, die den beiden Darstellern ein Matratzenlager bauen, das zur Spielwiese wird. Als Sprecher wünschte sich Autor Oliver Kluck am liebsten Helmut Schmidt; wenn der allerdings keine Zeit habe, weil er in Talkshows über das Rauchen im Fernsehen spreche, könne der Text ausnahmsweise von anderen gesprochen werden. "Wichtig ist nur, dass diese minderjährig und nackt sind."

So geht es in einem fort mit Stand-up-Einlagen, Szenenschnipseln und Dialogfetzen. Es gibt keine echten Rollen, und eigentlich gibt es auch keine Texte, nur Brocken von Prosa, unerschrocken und kokett deklamiert von Anika Baumann und Michael Klammer.

Nicht jeder Satz ist da ein Volltreffer, aber endlich schaut da mal einer mit Humor auf die elende Zustandsbeschreibung der Generation Facebook.

Ironie der Theaterhistorie: Oliver Kluck begann seine Schreibkarriere mit Beschwerdebriefen und wird hier inszeniert von einem Regisseur, den seine Lehrer schon mangels Eignung von der Ernst-Busch-Schule jagen wollten. Nunes wird nun die kommende Thalia-Spielzeit im September eröffnen.

Aber auch das passt irgendwie in die heutige Zeit. Und ist auch irgendwie sehr Meese.