Hamburg. Das hätte sich der selige Günter Wand, Bruckner-Exeget von Graden und weiland Ehrendirigent des NDR Sinfonieorchesters, wohl nicht träumen lassen: dass seine Schäfchen unter dem Namen NDR Barockensemble in kleiner Besetzung zu historischen Instrumenten greifen würden. Im Liebermann-Studio haben sie gerade ein süffiges, ausgemacht italienisches Programm präsentiert. Die Federführung hatte kein Geringerer als Gottfried von der Goltz, der mit der Barockgeige Weltkarriere gemacht hat, als Solist wie als Konzertmeister des Freiburger Barockorchesters. Von der Goltz führte das Ensemble mit seiner bewährten Leichtigkeit und Spielfreude an. Niemand kann sich in den halsbrecherischsten Passagen strahlend zum Publikum drehen wie er. Da störte es nicht, dass er einige Male danebenlangte.

Die Musiker legten einen kultivierten, wunderbar bassgrundierten Klang an den Tag. Tugenden wie Zusammenspiel und Dynamik waren hörbar selbstverständlich. Hörbar wurde aber auch, dass die Musiker sich noch nicht auf ein Intonationssystem geeinigt hatten. Hier geriet manches ungenau - das mag dazu beigetragen haben, dass der Orchesterklang etwas unspezifisch und wenig variabel wirkte. Gerade so dramatische, harmonisch kühne Werke wie das Concerto g-Moll von Francesco Durante oder das Concerto c-Moll von Pietro Antonio Locatelli hätten durchaus mehr Theatralisches im Umgang mit dem Zeitmaß vertragen - das lief oft einfach geradeaus. Doch wie das Ensemble der Musik Geschichten entlockte, etwa einen ganzen Bauernhof bei Giuseppe Tartinis Violinkonzert, das machte Freude zu hören.

Thomas Hengelbrock, der in wenigen Wochen als Chefdirigent antritt, hat angekündigt, das Orchester für alle Epochen öffnen zu wollen. Was den Barock angeht, haben die Musiker nun vorgelegt. Schöne Aussichten.