Die Staatsbibliothek zeigt eine Ausstellung zum Jüdischen Friedhof Altona, der vor 400 Jahren von portugiesischen Kaufleuten gegründet wurde.

Hamburg. Beth Olam, die hebräische Bezeichnung für Friedhof, heißt wörtlich "Haus der Ewigkeit". Nach jüdischer Vorstellung sind Friedhöfe auf ewige Zeiten unantastbar, tatsächlich wurden sie aber oft verwüstet, zerstört und beseitigt. Es ist ein Glücksfall der Kulturgeschichte, dass der jüdische Friedhof an der Altonaer Königstraße bis heute in seiner Substanz weitgehend erhalten geblieben ist. Am 31. Mai 1611 hatten portugiesische Kaufleute im vergleichsweise liberalen Altona ein Stück Land "auf Ewigkeit" erworben, damit ihre Toten dort bis zur Ankunft des Messias ruhen könnten. Anlässlich des 400-jährigen Bestehens zeigt die Staats- und Universitätsbibliothek jetzt eine Ausstellung zur Geschichte dieses außergewöhnlichen Friedhofs, der zu den Aspiranten für das Unesco-Weltkulturerbe gehört. Zu sehen sind Dokumente, Bücher, Handschriften und Fotografien. Kurze Texte informieren über den jüdischen Begräbnisritus und über die Kunst der Grabmäler, unter denen Rabbiner, Kantoren, Gelehrte und Kaufleute begraben liegen. Einige von ihnen haben das geistige Leben der jüdischen Gemeinde von Altona und Hamburg so stark geprägt, dass man im 17. und 18. Jahrhundert bewundernd vom "Jerusalem des Nordens" sprach.

Was macht den Altonaer Friedhof so bedeutend? Ausstellungskurator Michael Studemund-Halévy führt gleich eine Fülle von Argumenten dafür ins Feld: "Altona hat nicht nur den ältesten jüdischen Friedhof auf heutigem Hamburger Gebiet, es ist auch der älteste portugiesisch-jüdische Friedhof in Nordeuropa. Herausragend ist die Qualität der erhaltenen Grabsteine und er ist außerdem einer der besten erforschten jüdischen Friedhöfe weltweit."

Gegründet wurde er von den Nachkommen zwangsgetaufter portugiesischer Juden, die sich in Altona und Hamburg wieder zu ihrem ursprünglichen Glauben bekennen konnten. Eine weitere Besonderheit ist seine Zweiteilung: Es gibt einen größeren deutsch-jüdischen Bereich und einen kleineren portugiesischen Teil. Dort befinden sich prunkvoll verzierte Sarkophage und Zeltgräber mit portugiesischen, spanischen, hebräischen oder deutschen Inschriften, aber auch - im Judentum eher selten - bildlichen Darstellungen.

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts waren zahlreiche Glaubensflüchtlinge von der Iberischen Halbinsel nach Hamburg und Altona gekommen, wo sie als Bankiers, Kaufleute, Händler, Ärzte und Gelehrte zum wirtschaftlichen Aufschwung beitrugen. Wichtig waren die internationalen Verbindungen, die die Sepharden unterhielten und die über Amsterdam bis in die Karibik reichten. Auch dort gab es sephardische Gemeinden, deren Friedhöfe ganz ähnlich wie das Altonaer Gräberfeld gestaltet waren. "Diese Verbindungen und Bezüge zwischen Europa und der Neuen Welt sind schon einzigartig", sagt Studemund-Halévy, der im Rahmen eines Forschungsprojekts auch die jüdischen Friedhöfe in der Karibik und ihre Beziehungen zu Altona untersucht.

Ausstellung. Staatsbibliothek, Von-Melle-Park 3, bis 17. Juli, Mo-Fr 9.00-21.00, Sa, So 10.00-21.00