Laeiszhalle. Es gehört zum Standardrepertoire menschlicher Demütigungen: unter Zwang Gefühle zu zeigen, die man nicht hat. Der russische Komponist Dmitri Schostakowitsch, der unter dem Sowjetregime die ganze Palette von Indoktrination und Entmündigung durchleiden musste, hat diese Absurdität in seiner Fünften Sinfonie in Töne gefasst. Heute Abend dirigiert James Conlon das Werk beim NDR Sinfonieorchester in der Laeiszhalle.

Nachdem der Diktator Stalin 1934 eine Aufführung von Schostakowitschs messerscharf-satirischer Oper "Lady Macbeth von Mzensk" besucht und entrüstet in der Pause verlassen hatte, rückte die staatstreue "Prawda" Schostakowitsch in die Nähe von Systemgegnern. Das konnte unter Stalin lebensgefährlich werden. Deshalb wagte der Komponist nicht, seine avancierte Vierte uraufführen zu lassen. Die Fünfte mit ihrem triumphalen Schlusssatz klang im Vergleich wie eine Zurücknahme - doch Schostakowitsch verstand sie anders: "Der Jubel ist erzwungen. So als schlüge man uns mit einem Knüppel und verlangte dazu: Jubeln sollt ihr."

Auch Benjamin Brittens Violinkonzert ist von der Düsternis seiner Entstehungszeit geprägt, war doch Britten 1939 vor dem drohenden Krieg in die USA geflohen. NDR-Konzertmeister Stefan Wagner übernimmt den mal lyrisch-melancholischen und mal hochvirtuosen Solopart.

NDR Sinfonieorchester, James Conlon: heute, 20.00, Laeiszhalle (U Gänsemarkt) Johannes-Brahms-Platz, Karten zu 9,90 bis 45,10 unter T. 0180/178 79 80; www.ndrsinfonieorchester.de