Ob Drone oder Thrash - jeder Stil hat einen Namen

Das Schöne an der Expertentümelei ist ja, dass man sich hinter Wortgebirgen verschanzen kann, die kein Außenstehender je erklimmen wird. Ein Phänomen, das vor allem an Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen zu beobachten ist, aber auch veritable Ableger in der Popkultur hat.

Beispielsweise ließe sich dieser Text ohne Weiteres bis zum Rand mit verschiedenen musikalischen Stilen, Genres, Subgenres und Variationen füllen, von einer vollständigen Aufzählung wäre man trotzdem weit entfernt.

Denn Musiker sind kreativ, lassen sich - gewisse Auswüchse der Castingshows mal außen vor gelassen - nur ungern in bestehende Schubladen stecken. Also variieren sie Bekanntes, entdecken neue Formen des Ausdrucks und übernehmen Ideen von anderen. Fans, Kritiker und nicht zuletzt die Bands selbst flüchten sich, wenn sie solcherlei Veränderungen in irgendeiner Form dokumentieren möchten, dann entweder in krude Vergleiche, die mehr Verwirrung als Sinn stiften: "Hört sich an wie eine Mischung aus Usher und Pantera, mit einem Schuss Johnny Cash." Oder sie machen einfach eine eigene Schublade auf und versehen diese mit einem möglichst knackigen Etikett.

Ein Problem an der Sache ist die Begrenztheit der wirklich eingängigen Schlagworte. Hardcore etwa: Das klingt hübsch griffig, man vermutet auch nicht zu Unrecht, es mit einer extremen Spielart von irgendetwas zu tun zu haben. Trotzdem trennen Hardcore und Hardcore musikalisch gesehen Welten: Auf der einen Seite dengeln und brüllen sich Weiterentwickler des Punks die Seele aus dem Leib. Auf der anderen Seite umz-umz-umzt der Bass und Breakbeats schlagen quer dazu. Willkommen im technoiden Hardcore, dem Ursprung von Drum and Bass und anderen elektronischen Spielarten.

Um Verwechslungen vorzubeugen, empfiehlt es sich also, zumindest mit einem Wort auf die Grundlagen hinzuweisen: Da hat es die Metal-Gemeinde gut, sie hängt an Stoner, Sludge oder Speed einfach den Dachbegriff an, schon weiß jeder zumindest in etwa, wohin die Reise geht. Für die Feinheiten ist aber ebenso gesorgt. Denn auch, wenn der Feld-, Wald- und Wiesenmetaller nicht als sonderlich ordentlich gilt: Was die musikalische Sortierung und Abgrenzung angeht, macht ihm so schnell keiner etwas vor.

Denn die Freunde des Getöses haben das wahrscheinlich komplexeste Geflecht von Genres, Subgenres und Fusionen der Musikwelt entwickelt.

Thrashmetal (das "h" an zweiter Stelle ist wichtig, mit Trash, also Müll, hat das Ganze nichts zu tun) kennt man wahrscheinlich, auch wenn man sonst lieber Shoegazer-Pop oder Americana hört. Denn von Metallica und Slayer hat man auf jeden Fall schon einmal gehört.

Vielleicht kann man sogar mit Death und Black Metal etwas anfangen. Falls nicht, hier eine kleine Faustregel: Wenn die Musik sich nach dem Live-Mitschnitt einer Kastration anhört, könnte es Black Metal sein, wenn der Sänger - oder seltener: die Sängerin - nach einem schlecht gelaunten Grizzly klingt, mag es sich um Death Metal handeln. Und wenn es wirklich düster am musikalischen Horizont dräut, die Gitarren grollen und die Texte zwischen morbide und suizidal pendeln, betritt man das Reich des Doom Metal. Verknüpft man diesen mit Experimenten in Sachen Tonlänge und -wiederholung, landet man beim Drone Metal. Eine derart spezielle Schublade, dass es schon massiver Sachkenntnis bedarf, sie überhaupt zu (er)kennen. Um den Elfenbeinturm des Metals gleich an höchster Stelle zu betreten, sollte man einen Besuch beim Droneburg-Festival an diesem Wochenende erwägen.

Droneburg Festival 29.4. und 30.4, Astra-Stube, Fundbureau, Waagenbau (S Holstenstraße), Sternbrücke, Festivalticket zu 25,- im Vorverkauf; www.droneburg-festival.com