Eine Ausstellung zeigt ungewohnte Seiten des Komponisten

Hamburg. Dass die französische Pianistin Hélène Grimaud heute zwischen ihren Tourneen ab und zu mal im Laienensemble eines befreundeten Nachwuchskomponisten mitträllert, ist ein ziemlich abwegiger Gedanke. Doch es gab einmal so einen Fall, der ist zwar schon ein wenig her, dafür aber nicht minder skurril: Im 19. Jahrhundert hat Clara Schumann - damals die berühmteste Pianistin Europas - ab und zu beim Hamburger Frauenchor ausgeholfen. Und die Leitung hatte? Ein gewisser Johannes Brahms.

Eine Kopie von Clara Schumanns Abschrift ihrer eigenen Altstimme hängt zurzeit im ersten Stock des Brahms-Museums in der Peterstraße. Und das ist nicht die einzige Überraschung, die die kleine, aber feine Kabinettausstellung zum Hamburger Frauenchor zu bieten hat. Sie zeigt eine ungewohnte Seite von Brahms, wie Museumsleiter Joachim Kossmann betont: "Man geht ja immer davon aus, dass Brahms in Hamburg vor allem eine furchtbare schwere Zeit hatte. Das ist so nicht richtig."

Nein, er konnte offenbar auch in Hamburg seinen Spaß haben - vor allem wenn er mit den Damen seines 1859 gegründeten Chores unterwegs war. "Es heißt, dass sie auf dem Nachhauseweg des Nachts auch gerne mal in einen Garten einbrachen und dort ein Ständchen gaben oder dass Brahms sich auch mal in Blankenese auf einen Ast setzte und von dort dirigierte." Diese Momente sind leider nicht dokumentiert; schließlich gab es damals weder YouTube noch Handyvideos.

Dafür zeigt die Ausstellung Fotos von einigen der Sängerinnen - allesamt Töchter aus angesehenen Hamburger Familien - und von den Landhäusern, in denen geprobt wurde. So kann sich der Besucher ein Bild von dieser für Brahms sehr angenehmen Umgebung machen.

Außerdem sind Notenausgaben von seinen Frauenchorwerken aus der Zeit zu sehen und, als besonderes Bonbon, eine Kopie der handgeschriebenen Chorsatzung. Dort hat Johannes Brahms die wichtigsten Regeln zusammengefasst - und dabei die altertümliche Sprache solcher Satzungen sehr schön aufs Korn genommen. Hier kommt ein frecher Humor zum Vorschein, den man diesem tiefernst dreinschauenden Menschen gar nicht zugetraut hätte.

Johannes Brahms und der Hamburger Frauenchor 1859-1861 bis 31.12., Brahms-Museum, Peterstraße 39, Di-So 10.00-17.00, Eintritt 4 Euro, Informationen unter www.brahms-hamburg.de