Zunächst waren die Christen sich nicht einig. Erst ein Konzil unter Kaiser Konstantin im Jahr 325 definierte, wann das Osterfest gefeiert wird.

Vom Eise befreit" sind Strom und Bäche schon länger. Es sieht so aus, als könnten die Hamburger in diesem Jahr anders als weiland Goethes Faust ihre warmen Mützen und Mäntel während des Osterspaziergangs zu Hause lassen. Denn der Ostersonntag fällt diesmal auf den 24. April, so spät, wie er im Durchschnitt lediglich dreimal in 200 Jahren zu verzeichnen ist. Das war zuletzt 1859 der Fall und wird erst 2095 wieder eintreten. Nur 1943 lag Ostern noch später: am 25. April.

Goethes "Osterspaziergang" aus dem Drama "Faust I"

Wann haben wir Ostern? Das sagt uns heute ein Blick auf den Kalender. In früherer, kalenderloser Zeit war die Antwort weitaus schwieriger zu bekommen, und häufig war sie nicht eindeutig. In Gebieten, in denen evangelische und katholische oder westliche und orthodoxe Christen aufeinandertrafen, schlug man sich nicht selten wegen des Osterdatums die Köpfe ein. Es gibt Historiker, die behaupten, die Weltgeschichte wäre anders verlaufen, hätten die Menschen immer gewusst, wann sie Ostern feiern sollten.

Wann ist Weihnachten? Die Antwort haben wir im Kopf. Jesu Geburtstag hat einen festen Termin: den 25. Dezember - jedenfalls nehmen wir der Einfachheit halber an, es sei der 25. Dezember. Das Weihnachtsdatum steht also fest, aber sein Wochentag wechselt jährlich. Beim Tag der Auferstehung Jesu Christi ist es umgekehrt: der Wochentag - (Oster-)Sonntag - bleibt stets gleich, doch der Ostertermin wandert.

Der Ostersonntag kann auf 35 verschiedene Daten zwischen dem 22. März und dem 25. April fallen, und alle von ihm abhängigen Festtage wandern mit. Rosenmontag wurde in diesem Jahr in den März gezogen, was den Narren am Rhein eine selten lange Karnevalszeit bescherte, und Christi Himmelfahrt rutscht in den Juni. Der Pfingstsonntag folgt erst am 12. Juni, sodass die Pfingsttour mit der witten Maibüx zum Frühsommerausflug wird. Fronleichnam liegt sogar jenseits der Mittsommernacht.

Bei den Oster-Festtagen handelt es sich um sogenannte bewegliche Feiertage, und für manche Leute bewegen sie sich etwas zu weit auseinander. Wer nun glaubt, eine solch unpraktische Regelung könne nur bei der EU in Brüssel ausgeheckt worden sein, denkt zu kurz. Wir müssen viel weiter zurückgehen, bis zum römischen Kaiser Konstantin dem Großen, der von 306 bis 337 regierte. 325 hat er die erste ökumenische Bischofsversammlung, das Konzil von Nicäa, einberufen, auf der die bis heute gültigen Regeln für die Osterrechnung festgelegt worden sind.

Konstantin musste sich die Alleinherrschaft in West- und dann Ost-Rom erkämpfen. Als es ihm gelungen war, verlegte er seine Residenz ab 324 nach Byzanz, das nach ihm in Konstantinopel (heute: Istanbul) umbenannt wurde. Dass Konstantin ein Christ war, darf bezweifelt werden. Getauft wurde er erst auf dem Sterbebett. Aber er war ein Machtpolitiker, der alle seine Mitkaiser und Widersacher aus dem Weg räumte und auch nicht davor zurückschreckte, Frau und Sohn hinrichten zu lassen. Das Christentum, das im Toleranzedikt von Mailand im Jahre 313 als gleichberechtigte Religion im römischen Reich anerkannt worden war, sollte ihm dabei Mittel zum Zweck sein.

Das Christentum taugte aber nur als Staatsreligion, wenn die Christen unter sich einig waren. Das waren sie mitnichten. Nahezu jede Gemeinde legte den Glauben anders aus, selbst wenn es nur um so weltbewegende Streitpunkte ging, ob Eunuchen auch dann Priester werden konnten, wenn sie sich selbst kastriert hatten. Konstantin befahl deshalb im Jahr 325 alle 1800 Bischöfe zu einem Konzil (Bischofsversammlung) nach Nicäa, dem heutigen Iznik in der Türkei, einem schön am See gelegenen Städtchen unweit von Konstantinopel, und er versprach sogar, die Reisespesen zu übernehmen.

300 Bischöfe folgten dem Ruf, der Bischof von Rom, der sich papa (Papst) nannte, übrigens nicht. Zusammen mit den Diakonen und Kirchenältesten dürften sich 2000 Personen zum Konzil versammelt haben. Die Geistlichen trauten dem plötzlichen Wandel in der Wertschätzung als Christen nicht, lag doch die Zeit, als sie verfolgt und gefoltert worden waren, nicht lange zurück. Viele von ihnen trugen noch körperliche und vor allem seelische Wunden aus diesem Martyrium mit sich herum. Zwei Bischöfe ergriffen panisch die Flucht, als Konstantins Prätorianer bei ihrer Ankunft in Nicäa blankzogen. Dabei handelte es sich nur um einen Willkommensgruß.

Der Kaiser ließ die Versammlung auf das Beste bewirten und unterbringen, machte aber Druck auf die Beratungen. Es ging um den vorläufigen Sieg der Anhänger der Dreifaltigkeit als Wesenseinheit aus Gott Vater, Sohn und Heiligem Geist über die Arianer, die argumentierten, dass Gott lange vor Jesus da gewesen sei und deshalb nicht wesensgleich mit seinem Sohn sein könne. Aber darüber hinaus bestand Konstantin darauf, sich auf ein einheitliches Osterdatum zu einigen. Das höchste Fest der Christenheit, das den Sieg des ewigen Lebens über den Tod symbolisiert, sollte endlich im gesamten Reich gemeinsam an einem Tag gefeiert werden. Jahreszeitlich fiel Ostern zudem zusammen mit dem heidnischen Brauch, zum Frühlingsanfang mit Feuer und Licht die Dunkelheit des Winters zu vertreiben. Wir spüren noch heute etwas davon, wenn die Osterfeuer brennen.

Zur Osterdatierung mussten die Bischöfe in Nicäa die Überlieferung der Bibel heranziehen. Demnach war Jesus am ersten Tag (nach Johannes: am Vorabend) des jüdischen Pessach-Festes auf dem Berg Golgatha vor den Stadtmauern Jerusalems ans Kreuz geschlagen worden und am dritten Tag wiederauferstanden von den Toten. Das Pessachfest, begangen zum Gedenken an den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten, begann stets mit dem ersten Frühlingsvollmond, also jährlich an wechselnden Wochentagen.

Pessach lockte immer zahlreiche Besucher und Pilger nach Jerusalem. Auch Jesus aus Nazareth war, auf einem jungen Esel reitend, in die Stadt Davids eingezogen, und seine Anhänger hatten ihm zur Begrüßung Palmenzweige auf den Weg gestreut.

Das Konzil von Nicäa entschied, dass das christliche Osterfest immer am ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling gefeiert werden sollte. Der Frühlingsanfang wurde unverrückbar auf den 21. März gelegt, weil an diesem Tag in Nicäa der Tag genauso lang wie die Nacht gewesen war (Frühlings-Tagundnachtgleiche). Der Ostersonntag sollte nie mit dem jüdischen Pessach zusammenfallen.

Konstantin schrieb: "Wir wollen mit den Juden nichts gemein haben, denn der Heiland hat uns einen anderen Weg gewiesen." Wenn Pessach auf einen Sonntag fiel, feierten die Christen am Sonntag danach.

Die Rechnung von Nicäa führt bis zum heutigen Tag dazu, dass die Osterdaten fünf Wochen auseinanderliegen können. Der früheste Zeitpunkt ist der 22. März, falls der Vollmond gleich am 21. März eintritt und dieser Tag ein Sonnabend ist. Dann wäre der Sonntag danach der 22. März. Dieses Datum traf für das Jahr 1818 zu und ist erst 2285 wieder zu erwarten.

Der am spätesten mögliche Termin ist zu verzeichnen, wenn der letzte Wintervollmond den Frühlingsanfang knapp verfehlt und der nächste Vollmond erst auf den 18. April fällt. Falls der 18. April ein Sonntag sein sollte, muss Ostern am Sonntag danach, also am 25. April, gefeiert werden. Das war in den Jahren 1886 und 1943 der Fall und wird, die Jüngeren unter uns werden es noch erleben, 2038 wieder eintreten. Der häufigste Ostertermin ist übrigens der 19. April. Er kann im Schnitt alle 26,45 Jahre oder 3,78-mal pro Jahrhundert datiert werden.

So weit, so gut. Allerdings machten die Bischöfe in Nicäa einen schlimmen Fehler, als sie den Frühlingsanfang nicht auf die astronomische Tagundnachtgleiche, sondern auf den 21. März fixierten. Sie waren schließlich keine Astronomen und hielten ansonsten die Erde damals noch für eine Scheibe. Der von Cäsar 46 v. Chr. verordnete julianische Kalender löste die Inkompatibilität zwischen den Zeitmaßen Tag und Jahr dadurch, dass den 365 Tagen eines Jahres alle vier Jahre im Februar ein 366. Tag dazu"geschaltet" wurde.

Das war ungenau. Cäsars Jahr maß durchschnittlich 365,25 Tage, hätte astronomisch aber nur 365,2422454 Solartage messen dürfen; es war rund elf Minuten zu lang. Nun scheinen elf Minuten pro Jahr nicht viel zu sein. Aber von Nicäa bis zum Ende des 16. Jahrhunderts hatten sie sich zu zehn ganzen Tagen summiert. Die astronomische Tagundnachtgleiche wich um diese Spanne vom kalendarischen Frühlingsanfang am 21. März ab. Das hatte zur Folge, dass der Ostertermin jahreszeitlich in Richtung Sommer wanderte, was besonders im mediterranen Bereich unangenehm auffiel. Das Fest störte das Bestellen der Felder.

Papst Gregor XIII. (1502-1585, Papst seit 1572) schuf im Jahr 1582 Abhilfe mit der nach ihm benannten Kalenderreform, indem er ganz einfach zehn Tage ausfallen ließ, um den astronomischen Frühlingsanfang wieder auf den 21. März zu setzen. Auf Donnerstag, den 4. Oktober 1582, folgte unmittelbar Freitag, der 15. Oktober 1582. Damit sich die Ostertermine nicht wieder auf Wanderschaft Richtung Mai machen und die Tagundnachtgleiche fest auf dem 21. März bleibt, fallen seitdem in 400 Jahren drei Schalttage aus. Jahrhundertjahre sind nur dann noch Schaltjahre, wenn sie ohne Rest durch 400 teilbar sind. 1600 und 2000 hatten einen 29. Februar, 1700, 1800 und 1900 aber nicht.

Nun war es nach dem Schisma (der Spaltung in lateinische und griechisch-orthodoxe Kirche 1054) und der Reformation (ab 1517) ja nicht so, dass Gregors päpstlicher Erlass Inter gravissimas curas aus Rom auf der ganzen Welt sofort befolgt worden wäre. Der harmloseste Vorwurf war noch, der Papst wolle den Menschen zehn Tage ihres Lebens stehlen. Im Vatikan fürchtete man um die Sicherheit des Heiligen Vaters.

Die evangelischen Länder übernahmen den gregorianischen Kalender erst zwischen 1700 und 1753 (Schweden), Japan 1873, die Türkei 1926 und China 1949. Die orthodoxen Länder wie Russland (vor 1918) weigerten sich bis ins 20. Jahrhundert, dem Papst zu folgen. Als die Bolschewiken am (gregorianischen) 7. November 1917 in St. Petersburg das Winterpalais stürmten, schrieb man dort erst den 25. Oktober, weshalb dieses Ereignis nicht als November-, sondern als "Oktoberrevolution" in die Weltgeschichte eingegangen ist. Noch heute wird das Osterfest in allen orthodoxen Kirchen nach dem julianischen Frühlingsanfang berechnet.

Wie gesagt: Was die Christen zu Ostern feiern, ist klar - die Auferstehung des Herrn. Unklar ist bisweilen nur, wann sie sie feiern sollen.