Das 80er-Revival hat The Human League zurück an die Oberfläche gespült - direkt in die Große Freiheit

Große Freiheit. Stylish sehen sie immer noch aus. Auch wenn die asymmetrische Matte von Sänger Phil Oakley längst ganz ab ist, dafür glitzern seine Cosängerinnen Joanne Catherall und Susan Ann Sulley wie Christbäume in Rot und Gold und Strass um die Wette. Die Haare sind mit viel Spray fixiert. "Wir sind gern eine Popband. Das ist ja kein schmutziges Wort", sagt Sulley und klimpert mit dick geschminkten Augen. Als The Human League zählte das nordenglische Trio mit seinem Hit "Don't You Want Me" 1981 einst zu jenen, die an einer gitarrenlosen Zukunft des Rock 'n' Roll mitarbeiteten.

The Human League war die Band für all jene, denen Depeche Mode zu sehr nach Selbstzerstörung und Culture Club zu sehr nach Kindergeburtstag klang. Die Band der Stilbewussten, die Ledersofas schätzten und am Wochenende gepflegt abtanzen wollten, auch zur Musik von OMD, Blancmange oder Duran Duran. The Human League verkaufte 20 Millionen Alben, inklusive vier Top-Ten-LP in England und immerhin zwei Nummer-eins-Alben in den USA. David Bowie nannte ihren Sound einmal die "Zukunft". Musikjournalisten ordneten sie je nach Gusto bei New Wave, New Romanticism oder Futurism ein, bis heute sind ihre Verdienste zur Entwicklung der elektronischen Musik unbestritten.

Doch den großen Erfolgen folgten mitunter mühsame Jahre, in denen die Band durch die Provinz tingelte. Die 80er-Revival-Welle hat sie nun wieder nach oben gespült, anders als damals klingen sie nicht: "Credo", das erste Album seit zehn Jahren, besteht aus geradlinigem Synthie-Pop. Wenig erfindungsreich, aber glasklar und mit einem süffigen Beat unterlegt.

Im Eröffnungssong "Never Let Me Go" ist die Stimme von Sängerin Sulley mit einem Vocoder verfremdet. Da spürt man die Hand des für seine Experimentierlust bekannten Produzenten I Monster. Um die Verführung zum Hüftschwung geht es auch vor allem, wenn sie mit "Night People" die guten alten Discotage beschwören, oder in "Sky" vom Tanz nach dem Leben erzählen, der im Himmel weitergeht. Noch immer fräst sich die Stimme von Phil Oakey anscheinend emotionslos durch die Soundlandschaften wie ein Presslufthammer durch Stahlbeton.

"Das neue Album war harte Arbeit", sagt Phil Oakey, "vor allem wenn man Mitte 50 ist." Er ist der Ironischste von den dreien. Vor "Credo" hat die Band zehn Jahre lang kein Studio betreten, aber immer weiter an ihrem Bühnenauftritt gefeilt. "Ich glaube nicht, dass wir erreicht haben, was wir verdienten", sagt Oakey augenzwinkernd. "Na gut, wir hatten Erfolg und Geld, aber nie ein Nummer-eins-Album in den USA."

Das dürfte mit "Credo" wahrscheinlich auch schwierig werden. Es wird alte Fans erfreuen, neue dürfte es kaum gewinnen. Das größte Kompliment, das man "Credo" machen kann, ist vielleicht, dass es nicht nach Lady Gaga klingt - die die Band übrigens sehr verehrt. "Heute klingt alles nach Karaoke. Uns ging es darum, innovative Musik zu machen, die unsere Eltern nicht mochten", sagt Sulley.

Die beiden Freundinnen Joanne Catherall und Susan Ann Sulley wurden noch als Schülerinnen von Phil Oakey in einem Klub in Sheffield entdeckt, noch immer leben alle drei in der nordenglischen Stahlarbeiterstadt. Damals hatte die Band den experimentellen, weniger erfolgreichen Teil ihrer Geschichte hinter sich. Nun sollte der erfolgreiche, melodiösere beginnen. Mit "Dare" legte das Trio 1981 sein erfolgreichstes Album hin.

Das Prädikat "unpolitische Popper" weisen sie jedoch empört zurück. "Wir waren die punkigste Band von Sheffield. Nur eben Elektro-Disco-Punk. Uns liegen die kleinen Leute am Herzen, nicht die großen", erklärt Phil Oakey. Neben der Glaubwürdigkeit war natürlich der Stil wichtig. Strenger Look, antimacho, unisex und dramatisch. "Unsere Show soll den Leuten etwas geben, was nichts mit Arbeit und Geldproblemen zu tun hat", sagt Oakey. "Musik kann dich überallhin tragen." Stimmt. Und wenn es nur der Disco-Himmel ist.

The Human League Mi 20.4., 20.00, Große Freiheit (S Reeperbahn), Große Freiheit 36, Eintritt 38,40; www.myspace.com/humanleagueband