Die Hamburger Camerata probiert die kommende Saison mal ohne Chef

Hamburg. Der ausdauernde Blick auf den eigenen Nabel lässt manchmal sonderbare (Stil-)Blüten entstehen. "25 Jahre Konzerte in Hamburg", verkündet die Hamburger Camerata auf ihrem Programmheft zur neuen Saison. So ganz ohne Personalpronomen und Verb legt der Slogan den Schluss nahe, vor 1986, als Gott dieses Kammerorchester schuf, sei die Konzerterde der Stadt wüst und leer gewesen. Doch so hemmungslos egozentrisch war der Spruch hoffentlich nicht gemeint.

Die Camerata hat sich im Laufe des letzten Vierteljahrhunderts mit einer gut überlegten Programmpolitik Respekt erworben, den sie durch spieltechnische Mängel in manchen Konzerten wieder aufs Spiel setzte. Nach dem Abschied ihres langjährigen Chefdirigenten Max Pommer möchte sie nun ein neues Kapitel ihrer Schöpfungsgeschichte aufschlagen. Es trägt die kunsthandwerklich motivierte Überschrift "Profil schärfen".

Als Wetzmeister der Konturüberarbeitung dienen fürs Erste keine Chefdirigenten, sondern Instrumentalisten, die das Kammerorchester vom Pult aus leiten. Der finnische Pianist und Dirigent Ralf Gothóni, der schon in den zurückliegenden Spielzeiten wiederholt bewies, dass die Camerata mehr kann, wenn sie anregend von einem aus ihren Reihen gefordert wird, leitet zwei der sechs Abo-Konzerte. Die Geiger Kolja Blacher und Alexander Janiczek erarbeiten zwei Programme, wobei sich Blacher Musik seines Vaters Boris, ein Werk von Sándor Veress sowie Barock vorgenommen hat, während Janiczek "Salzburg & Wien" an die Elbe holt, Musik von Mozart, Schubert und Webern.

Max Pommer kehrt Ende Oktober für ein "East Meets West"-Konzert zu Ehren des 150. Jahrestags der Unterzeichnung des Japanisch-Deutschen Freundschaftsvertrags zur Camerata zurück - Tokuhide Niimi schreibt dazu eine Auftragskomposition. Der neue Konzertmeister Gustav Frielinghaus tritt als Solist beim "Festlichen Weihnachtskonzert" auf, das Alexander Mayer dirigieren wird. Die Camerata präsentiert außerdem den Cellisten Julian Steckel, der 2010 den ersten Preis beim ARD-Wettbewerb gewann.

45 Prozent ihres Etats von 300 000 Euro muss die Camerata durch Kartenverkauf erwirtschaften, den Rest decken Sponsoren. Dazu gehört auch die Kulturbehörde, die 12 000 Euro dazugibt - 2,5 Prozent des Etats.