Musikalisch überragend, inhaltlich kontrovers: Im Marx spielen die Bands Ghost und Blood Ceremony am 18.4. Okkultrock

Marx. "Tu, was du willst, das ist das ganze Gesetz", schrieb einst der Okkultist Aleister Crowley (1875-1947), der sich als "das große Tier" bezeichnete und bis heute als einer der Vordenker des modernen Satanismus gilt. Sich gehen lassen, sich nicht den gesellschaftlichen Zwängen beugen, das war eine Botschaft, die Jahrzehnte später viele Musiker anzog. Die Rolling Stones bekundeten "Sympathy For The Devil", Led-Zeppelin-Gitarrist Jimmy Page betrieb einen Verlag für okkulte Schriften, und bei Black Sabbath sagte ja schon der Bandname, wo die Reise hinging: fort vom Licht, hinein in die Finsternis.

Mehr als vier Jahrzehnte später ist die Faszination für die dunkle Seite der Macht ungebrochen. Nicht nur in der extremen Black-Metal-Szene, sondern auch in vergleichsweise zahmen Hardrock- und Heavy-Metal-Kreisen. Okkultrock heißt die mit schwarzem Samt ausgelegte Schublade, in die Kritiker immer mehr neue Bands packen.

"Wir sind auserwählt, die Botschaft des Teufels in der Welt zu verbreiten", erklärt ein namenloses Mitglied der schwedischen Band Ghost beim über Wochen mühsam arrangierten Telefoninterview. Einem von ihnen würden Texte und Melodien eingegeben, die die Band dann vortrage - in dunklen Kutten und maskiert. Wahn oder Wirklichkeit, Show oder Überzeugung, das ist bei Ghost schwer zu entscheiden. Auf jeden Fall aber hat die Band, die heute im Marx auftritt, mit "Opus Eponymous" ein herausragendes Debütalbum abgeliefert, das nicht auf metallische Härte, sondern auf Überwältigung durch zauberhafte Harmoniefolgen setzt, die auch von den Eagles stammen könnten. Vorbilder wie Mercyful Fate, Coven oder Witchfinder General sind unüberhörbar, der Namenlose am anderen Ende der Leitung hat als Andockstationen auch noch frühe Pink Floyd, die Doors und Filmmusikkomponist Angelo Badalamenti ("Twin Peaks") im Angebot. Doch bei aller Verortung im erweiterten kulturellen Mainstream, die Botschaft der Band ist radikal: "Believe in one god do we/Satan almighty", heißt es da in "Satan Prayer" oder "Devil's power is the greatest one" in "Stand By Him". Es sei der ungebrochene Reiz des Verbotenen, der den aktuellen Okkultrock-Boom befördere, sagt der Namenlose. Die Lust am Abseitigen, am Verdrängten schlechthin.

Auch das kanadische Quartett Blood Ceremony, das heute ebenfalls auf der Bühne des Marx steht, fühlt sich dem Antichristen verbunden. Allerdings machen Sängerin/Flötistin Alia O'Brien und ihre Mannen nicht auf geheimnisvoll, sondern lassen schlicht ihre Songs sprechen. Die tragen Titel wie "My Demon Brother" oder "The Witch's Dance" und sind im träge wabernden Doom-Metal ebenso verankert wie im 70er-Jahre-Progrock von Jethro Tull. Im Interview mit dem Fachmagazin "Rock Hard" räumt O'Brien ein, nicht etwa praktizierende Okkultistin zu sein, sondern sich lediglich sehr für heidnisch-magische Rituale zu interessieren. Der Intensität des Blood-Ceremony-Sounds tut das keinen Abbruch. Das neue Album "Living With The Ancients" ist eine progressive Retro-Platte, bis zum Rand gefüllt mit höllischen Hooks und sündhaft schönen Melodien, und für die limitierte Deluxe-Edition des unbetitelten Debütalbums werden inzwischen bei Ebay mehr als 150 Euro gezahlt. Crowleys "Tu, was du willst"-Botschaft scheint sich auszuzahlen.

Ghost + Blood Ceremony: heute, 21.00, Markthalle (U Steinstraße), Klosterwall 9-21, Karten 15,-