Einiges am Erwerb der Champions-League-Rechte durch das ZDF ist fragwürdig. Doch dessen Gremien interessiert das wenig.

Hamburg. Vielleicht ist es das Problem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland, dass hier alles mit jedem zusammenhängt. Um sich das vor Augen zu führen, lohnt sich ein Blick auf drei nicht ganz unwichtige Personalien der jüngeren Vergangenheit: Am 1. Februar wurde Ulrich Wilhelm Intendant des Bayerischen Rundfunks. Das CSU-Mitglied Wilhelm war zuvor Pressesprecher der schwarz-gelben Bundesregierung. Am 11. März wurde Stanislaw Tillich in den Verwaltungsrat des ZDF gewählt. CDU-Mann Tillich ist sächsischer Ministerpräsident. Und am 15. April wählte der Rundfunkrat des Saarländischen Rundfunks (SR) Thomas Kleist zum neuen Intendanten des Senders. SPD-Mitglied Kleist ist bisher Vorsitzender des SR-Verwaltungsrats, gehörte davor dem SR-Rundfunkrat an und war unter Oskar Lafontaine Staatssekretär im saarländischen Ministerium für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales.

Es ist also nicht nur so, dass Politik und öffentlich-rechtlicher Rundfunk eng miteinander verwoben sind. Kontrollgremien und operatives Geschäft sind es ebenso. Es ist offenbar, wie das Beispiel Kleist zeigt, überhaupt kein Problem, vom Vorsitz des Verwaltungsrates eines Senders auf dessen Intendantensessel zu wechseln.

Dass dies alles nicht ganz unproblematisch ist, wird immer dann deutlich, wenn mal wieder ein größeres, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk betreffendes Thema kontrovers diskutiert wird. Derzeit ist dies die Frage, ob es in Ordnung ist, dass das ZDF die Übertragungsrechte an der Champions League ab der Saison 2012/13 für etwa 54 Millionen Euro pro Jahr gekauft hat.

Der Gebührenzahler hat von dem Rechteerwerb auf den ersten Blick jedenfalls nichts. Die Champions League läuft bisher schon im Free TV, und zwar bei Sat.1. Aus Sicht des Fernsehzuschauers hätte sie dort bleiben können. Aber weil das ZDF die private Konkurrenz überboten hat - Sat.1 wollte offenbar nur gut 40 Millionen Euro pro Saison bezahlen - kommt nun der Gebührenzahler für die Kosten an den Übertragungsrechten auf. Die Frage ist, welchen Mehrwert er dafür bekommt und ob dieser Mehrwert so groß ist, dass er die Investition von 54 Millionen Euro pro Jahr aufwiegt.

Die in der Produzentenallianz zusammengeschlossenen deutschen Film- und Fernsehproduktionsfirmen fürchten, dass der Champions-League-Deal des ZDF auf ihre Kosten geht. "Sportrechteerwerb des ZDF darf nicht zur Reduzierung der Programmmittel für deutsche Produktionen führen", heißt es in einer Erklärung des Verbandes. In seiner Replik verweist ZDF-Intendant Markus Schächter auf die "Programmautonomie" seines Senders. "Eine Rechenschaftspflicht" gegenüber den Produzenten könne er "nicht erkennen". Das ZDF werde "von den Gremien überwacht".

Von Fernseh- und Verwaltungsrat des ZDF war in Sachen Champions League aber noch gar nichts zu hören. Und das, obwohl der Sender bisher nicht erklärt hat, was die Zuschauer von dem Rechteerwerb haben und wie er finanziert werden soll. Das ZDF stellte lediglich fest, es habe auf Rechte an Boxkämpfen und an der Tour de France verzichtet. Dies allein dürfte für die Finanzierung der Champions League kaum ausreichen. Außer der Vermutung, der Sender werde den Etat für fiktionale Produktionen kürzen, kursiert auch das Gerücht, das ZDF habe den hohen Preis für die europäische Fußball-Königsklasse zahlen können, weil es auf höhere Gebühreneinnahmen durch die 2013 in Kraft tretende Haushaltsabgabe spekuliere. Dann wird jeder GEZ-Gebühren zahlen müssen, auch wenn er weder Radio noch Fernseher besitzt.

Sicher ist, dass sich die Schwerpunkte im ZDF-Programm verschieben. Der Dienstag oder der Mittwoch, je nach dem, welchen Spieltag das ZDF gerade übertragen darf, wird künftig der Champions League gehören - und zwar nicht nur im Hauptabendprogramm. Weil die Öffentlich-Rechtlichen ab 2013 nach 20 Uhr kein Sponsoring mehr senden dürfen, wird es bereits am Vorabend Champions-League-Berichte geben, in denen die Sponsoren des Fußballspektakels ihre Werbebotschaften unterbringen können.

Der Marketingchef des Champions-League-Sponsors Sony, Christian Andersen, glaubt gar, "dass die Fußball-Königsklasse nicht nur an den Spieltagen, sondern auch darüber hinaus in vielen ZDF-Formaten an anderen Wochentagen auch vor 20 Uhr eine wichtige Rolle spielen wird". Leute wie Andersen profitieren von dem ZDF-Deal: "Sponsoren hoffen auf größere Reichweite", titelt das Fachblatt "Horizont".

Wenn ein öffentlich-rechtlicher Sender wie das ZDF sich mit der Champions League Quote kauft und sein Programm nach Sponsoren-Wünschen umstellt, ist das kein trivialer Vorgang. Mit dem von ARD und ZDF gern bemühten Begriff der "Grundversorgung" lässt sich das nur mit größter Mühe erklären. Hier müssten die Gremien tätig werden. Sollten Fernseh- und Verwaltungsräte diese Causa aber nur einfach durchwinken, wäre dies ein weiterer Beleg dafür, dass es in Deutschland keine unabhängige Kontrolle der öffentlich-rechtlichen Sender gibt, dafür aber eine womöglich zu große Nähe zwischen Intendanten, ihren Rundfunk- und Verwaltungsräten und der Politik.