Hamburg. An einem Sonntagvormittag gleich zwei monumentale Nachtmusiken zu hören, ist sicher nichts für Morgenmuffel. Doch die Energie, mit der Simone Young beim achten Philharmonischen Konzert in der Laeiszhalle ihr Orchester befeuerte, weckte besser als jeder Koffeinschub.

Hans Werner Henzes Salzburger Nachtmusik "Sebastian im Traum" entpuppte sich als äußerst dichtes Konzentrat aus spätromantischen Gesten. Ein Instant-Mahler sozusagen: Zu komprimiert, um für sich genommen bekömmlich zu sein, aber bestens geeignet als Würze fürs folgende Hauptgericht.

Simone Young Gustav Mahlers Siebte Symphonie, sein "Lied der Nacht", dirigieren zu sehen, machte dann selbst Langschläfer ein wenig nervös. Sie war so unablässig in Bewegung, stand dermaßen unter Hochspannung, als wollte sie jedem Spieler und jeder Note ihre Energie mitteilen. Das Maß an Präzision und Disziplin, zu dem sie ihr Orchester antrieb, war wirklich beeindruckend. Der Zusammenhalt des Ganzen und die großen Bögen gelangen wahrhaft generalstabsmäßig.

Allerdings beschlich einen auch der Verdacht, ob Young nicht allzu forsch über manchen doppelten Boden dieser Musik hinwegtänzelte. Es ist so viel Schrilles, Banales, Witziges, Zärtliches und Parodistisches in Mahlers Detaildickicht verborgen, das in Youngs straffer Lesart allerdings dem finalen Sieg untergeordnet wurde. Das Herdenglockengeläut der Nachtmusik wirkte da schon fast wie ein Versehen.