Die Lange Nacht der Museen präsentiert am 16. April knapp 50 Museen bis 2 Uhr nachts. Die Gelegenheit, um manchem Geheimnis nachzugehen.

Das Ritzenpopcorn im durchgesessenen Gestühl des Madison Square Gardens schmeckte auch schon mal besser. Von dem Gebräu, welches die Amerikaner "Bier" nennen, ganz zu schweigen. Unten auf der Eisfläche hauten sich gerade die New York Rangers und die New York Islanders die Lippen blutig, trotzdem verließ ich die "berühmteste Arena der Welt" und ging die paar Schritte zur Pennsylvania Station, auf der Suche nach einem Kiosk mit deutschem Export-Pils. Suchen, finden, bestellen, bezahlen, Dose in einer braunen Papiertüte verstecken, aufreißen und leeren waren eins.

"Yo, Cab!" Das Taxi hielt. Eine Handvoll Dollar später waren wir an dem Ort angekommen, wo im Dezember 1980 John Lennon erschossen wurde. Ich kauerte mich in Embryo-Haltung vor dem Eingangsgitter des Dakota Buildings zusammen und hörte Lennons Song "God", doch kaum war John bei der Textzeile "I don't believe in Zimmerman" angekommen, schlief ich ein - wie immer, wenn irgendwas auch nur entfernt mit Robert Zimmerman alias Bob Dylan zu tun hat.

Doch dann zerrte jemand am Ärmel meines Islanders-Trikots und ich schreckte hoch, eine Tracht Prügel von einem Rangers-Fan befürchtend. Aber es war nur Yoko Ono. "Sie können hier nicht bleiben, Sie erkälten sich ja", sagte Lennons Witwe und stieß dabei drei, vier Urschreie aus, dass mir die Ohren klingelten. Ich stellte mich als großer Beatles-Fan vor. Aus Hamburg. Da, wo die Beatles vor vielen Jahren spielten. "Indra, Kaiserkeller, Top Ten, Star-Club." Aber sie lachte: "Das ist totaler Unsinn, die Beatles waren nur 1966 auf der Bravo-Blitz-Tournee in Hamburg."

Yoko lud mich auf einen Tee ein, und erzählte mir eine haarsträubende Geschichte: "John, Paul, George, Pete und Stu hatten zwar 1960 das Angebot, in Hamburg zu spielen, aber sie waren viel zu besoffen, um rechtzeitig zum Abreise-Treffpunkt zu kommen. Also baten sie Gerry Marsden und seine Band The Pacemakers, für sie einzuspringen und sich als Beatles auszugeben." Angeblich sollen sich die echten Beatles später revanchiert haben, indem sie ihren Manager Brian Epstein baten, auch Gerry & The Pacemakers unter Vertrag zu nehmen. Dazu verzichteten die Beatles auch auf ihre geplante Version von "You'll Never Walk Alone".

Ich hielt das für totalen Blödsinn, aber Yoko war äußerst hartnäckig. "Die entsprechenden Protokolle liegen im Safe eines Hamburger Museums", beharrte sie. "Bestimmt in der Beatlemania-Ausstellung?", fragte ich. "Nein, im Altonaer Muesum." "Aha, gute Tarnung." Die Ono zeigte mir den Weg zur Tür und gab mir noch WC-Raumspray ("Du wirst es brauchen") mit.

Ich flog zurück nach Hamburg und wartete bis zur Langen Nacht der Museen. Denn wenn gut 50 Ausstellungen vom HSV-Museum bis zur Kunsthalle von 18 Uhr bis 2 Uhr geöffnet haben, bestand die gute Chance, sich im fröhlichen Gewusel der 30 000 Besucher unauffällig abzusetzen.

Ich erwarb eine Karte für 12 Euro im Vorverkauf und suchte einen Kiosk mit Pils. Suchen, finden, bestellen, bezahlen, Dose nicht in einer braunen Papiertüte verstecken, aufreißen und leeren waren eins. Etwas Zeitvertreib im Deutschen Zusatzstoffmuseum, dann ging es mit drei von elf Museums-Shuttlebuslinien bis zum Altonaer Museum. Bei den Galionsfiguren löste ich mich aus der Menge, schlich ins Archiv, machte mit dem Raumspray die Laserstrahlen der Alarmanlage kenntlich und öffnete den Tresor: kein Hinweis auf die Beatles, nur ein Echtheitszertifikat von Störtebekers Schädel im Hamburgmuseum, unterschrieben 1401 von Scharfrichter Meister Rosenfeld.

Nur: Wen interessiert das?

Lange Nacht der Museen Sa 16.4., 18.00-2.00, Karten zu 12,- im Vvk. und an allen Museumskassen, www.langenachtdermuseen-hamburg.de