Warme Stimme, aufwühlende Texte - Ausdrucksstark singt sich John Grant im Uebel & Gefährlich seinen ganzen Weltschmerz von der Seele

Hamburg. Bei Mannschaftswahlen im Sportunterricht blieb John Grant immer als einer der Letzten übrig. Baseball, Football und Basketball gehörten nicht gerade zu seinen Stärken. "Wenn man wie ich in einer Kleinstadt in Michigan aufwächst, wäre es besser, ein guter Sportler zu sein. Sonst wird man schnell zum Außenseiter. Wenn man dann auch noch schwul ist, bedeutet das beinahe den Tod", moderiert der Sänger im Uebel & Gefährlich seinen Song "Silver Platter Club" an. Mit seinem verspielten Klavier klingt der Song fröhlich und erinnert an Randy Newmans "Simon Smith And The Amazing Dancing Bear", doch das Gegenteil ist der Fall. In Grants 16 Songs umfassendem Programm gibt es überhaupt nur zwei positive Songs, der große Rest ist eine auf Depressionen und Zurückweisungen basierende Lebenserfahrung.

Wie er dort allein hinter dem Mikro steht, wirkt John Grant nackt. Das passt zu seinen Songs, einem Seelenstriptease, in dem er die negativen Erfahrungen seines Lebens und schmerzliche Kindheitserinnerungen verarbeitet hat. In fast akzentfreiem Deutsch erklärt er die Texte und ihre Entstehung. Nur von einem Pianisten begleitet, singt er über Glühwürmchen, Rassismus in Brooklyn oder erinnert sich an seine Großmutter. Gebannt hört das Publikum im glücklicherweise komplett bestuhlten Bunkerklub seiner warmen Baritonstimme und den aufwühlenden Texten zu.

Es gibt im Moment nicht viele Sänger, die über eine ähnlich ausdrucksstarke Stimme verfügen wie John Grant. Am ehesten ist er mit Scott Walker zu vergleichen, obwohl er nicht soviel Pathos in seine Lieder legt, vielleicht auch mit Billy Joel.

Höhepunkte des 90-minütigen Konzerts sind das Liebeslied "Caramel", "Jesus Hates Faggots", in dem er die Schwulenfeindlichkeit seiner tief religiösen Familie beklagt, und das dramatische "Queen Of Denmark", der Titelsong seines gefeierten Soloalbums. Darin bringt John Grant sein Dilemma sarkastisch auf den Punkt, wenn er singt: "Ich möchte die Welt verändern, aber ich schaffe es nicht mal, meine Unterwäsche zu wechseln."