“Narren der Schöpfung/Supercool 1000“ ist eine köstliche Farce

Hamburg. "Man macht im fremden Leben Erfahrungen, die man nicht machen wird, wenn man auf seinem authentischen Selbst beharrt." Furchtlos befolgt Samuel Weiss das Komödianten-Credo und schlüpft in ein Affenfell, um in Primatengestalt die verrückten Utopien und die heilige Kunst genüsslich ad absurdum zu führen. In seinen Monologen "Narren der Schöpfung/ Supercool 1000" nimmt er nicht nur sich selbst, das Theater und die Visionen der Zivilisation auf die Schippe, sondern auch die größenwahnsinnigen Träume vom Übermenschen und von der Unsterblichkeit.

Was macht es schon, dass sich Weiss bei Franz Kafka und René Pollesch bedient? Er treibt die existenzielle Farce auf die Spitze und bietet der Handvoll Zuschauer beim Trip durchs nächtliche Schauspielhaus ein tragikomisches Kabinettstück über die Unbelehrbarkeit der menschlichen Spezies.

Plötzlich steht der Affe im Foyer. Er will höher hinaus als sein Artgenosse Rotpeter in der Kafka-Erzählung "Ein Bericht für eine Akademie". Nicht das Varieté, nein, der "Hamlet" muss es sein. Diese Spottgeburt, der Laborspross eines nationalsozialistischen Rassenhygienikers und einer Bananen mampfenden Primatenmutter (wie sich bei der treuherzigen Beichte Auge in Auge mit den Zuschauern herausstellt), erliegt einem Irrtum: Die Kunst verhelfe ihm zum Menschsein.

Die Rampensau in der Tiermaske (Kostüm: Janina Brinkmann) bittet das handzahme Publikum in den Zuschauerraum, um es mit einem freundlich widerstrebenden Fräulein aus seinen Reihen (Pina Begemann) an der Nase herumzuführen. Nach Treppensteigen durch Korridore öffnet sich im Lastenaufzug ein Labor und das bizarre Erinnerungsarchiv eines Hartz-IV-Empfängers. Die Experimentierlust des Menschen und des Schauspielers ist nicht zu bremsen.

Aber genauso wenig wie ein Affe je Hamlet spielen wird, vermag der dilettierende Bankräuber den Tod zu überlisten und durch Einfrieren seines Kopfes und Körpers nach 1000 Jahren wieder zum Leben zu erwachen. Stattdessen beschert ihm die Kugel eines Polizisten (Marc von Henning) das banale Ende: "Nichts passiert, geht alles gleich in Ordnung." Der tierisch komische Hirnspuk zur Mitternacht ist verflogen. Beim Jonglieren zwischen den Identitäten entfaltet Samuel Weiss - Autor, Performer und Regisseur in einem - mit den Figuren eine wahrhaft satanische Spiellust. Und der Zuschauer fröstelt unter Gelächter angesichts der Hybris, Einsamkeit und Verzweiflung seines Spiegelbilds, er wird fortan der Authentizität seines Ichs misstrauen.