Der gut gespielte “Tatort: Jagdzeit“ zeigt Armut und Kinderarbeit im reichen München

München. Der Kontrast könnte nicht größer sein: Der 55-jährige Gerd Zach, der am helllichten Tage erschossen wird, besitzt ein großes und luxuriös eingerichtetes Haus in München. Die 13-jährige Nessi wiederum, die Zeugin der Tat wird, wohnt zusammen mit ihrer arbeitslosen Mutter in einem tristen, grauen Hochhaus. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft in der bayerischen Hauptstadt weit auseinander. Im neuen "Tatort" des Bayerischen Rundfunks mit dem Titel "Jagdzeit" stehen Kinderarbeit, Alkoholismus und finanzielle Notstände im Mittelpunkt.

Zach, der auf dem Weg zur Jagd war, wird mit seinem eigenen Gewehr an einer Tankstelle erschossen. Selbstmord schließt die Polizei schnell aus. Nach dem Mord ist die Zeugin Nessi (Laura Baade) verängstigt und weigert sich, den beiden Ermittlern Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) zu erzählen, was sie gesehen hat.

Trotz des Vorfalls gelingt es dem Mädchen aber, seinen eigenen Alltag weiterzuführen: Nessi kümmert sich um ihre alkoholsüchtige sowie depressive Mutter (Katja Bürkle) und arbeitet neben der Schule noch illegal, damit den beiden mehr als die Hartz-IV-Leistungen zur Verfügung stehen. Nur langsam kommen Batic und Leitmayr mit ihren Ermittlungen in dem Fall voran.

"Jagdzeit" ist der letzte "Tatort", an dem die BR-Redakteurin Silvia Koller mitgearbeitet hat. Koller, die Mitte Dezember im Alter von 68 Jahren gestorben war, hatte das dienstälteste Ermittlerpaar Miroslav Nemec als Ivo Batic und Udo Wachtveitl ins Leben gerufen. Seit 1989 betreute sie den "Tatort" und entwickelte mehr als 50 Krimi-Folgen.

Das Hauptaugenmerk des "Tatorts" liegt auf dem Alltag, den Sorgen und den Ängsten der verdächtigten Täter, bei denen es sich hauptsächlich um Hartz-IV-Empfänger handelt. An jeder Ecke fehlt das Geld: Sie sind auf Lebensmittelspenden angewiesen, weil sie es sich nicht leisten können, im Supermarkt einzukaufen. Schulausflüge für die Kinder bedeuten nicht zu verkraftende Zusatzausgaben. Auch ein Zahnarztbesuch ist Luxus. Nessis Mutter entscheidet sich daher, einen abgebrochenen Zahn selbst wieder anzukleben.

Es sind viele Probleme, die der Krimi von Regisseur Peter Fratzscher aufwirft. Die Handlung in "Jagdzeit" ist zäh und wenig spektakulär. Dennoch ist der "Tatort" kurzweilig, was hauptsächlich auf die Figur der Nessi zurückzuführen ist. Die junge Schauspielerin Laura Baade verkörpert auf herausragende Weise das Mädchen, das täglich gemobbt wird.

Auch wenn Nessi von ihrem Umfeld als fett und hässlich bezeichnet und von älteren Jungs erniedrigt wird und außerdem keine Freundinnen hat, strahlt sie doch Stärke und Hoffnung aus. Mit eisernem Willen kämpft sie dafür, eines Tages ein besseres Leben zu führen: Sie will Ärztin werden.

Tatort: Jagdzeit So 10.4., ARD 20.15 Uhr