Das Lesen hat in Hamburg lange Tradition, und es gibt Forscher, die behaupten, in Hamburg hätte man schon gelesen, als man anderenorts noch auf Mammuts reitende Frauen mit Speichel und Bärenblut an Höhlenwände malte.

Der Sage nach waren es Seemänner, die die ersten Worte nach Hamburg brachten. Kurze Worte wie "Ahoi" oder "Moin" aus Messing, Elfenbein oder Eingeborenenkot, die sie hier bei uns gegen Labskaus, Köm oder Liebe tauschten, um sich, gestärkt, aufzumachen, um neue, längere Wörter zu entdecken.

Sie fuhren zu den Griechen, waren bei den Schweden und kamen mit Worten wieder, die keiner verstand.

Was das solle, sagte da der König von Hamburg, Peter Hamburg I., büllünbef und bheddaschs - das hätte ja nun nichts mit Hamburg zu tun. Die gewieften Seemänner sägten da des Nachts die Buchstaben einfach auseinander und klebten sie anders wieder zusammen, so entstanden fühnsch oder Sabbelbüddel - Worte, die wir sehr wohl gebrauchen konnten.

Über die Jahre sammelten sich so immer mehr Wörter an und aus Wörtern wurden Sätze wie "Moin, du" oder "Ach, lass ma". Doch bis die ersten Geschichten entstanden, brauchte es noch viele Jahre mehr - und bis das erste Buch voll war noch viel länger.

Das erste Buch sah auch nicht so aus wie die heutigen, das erste Buch war eher wie eine Burg, in die man die Wörter so legte, dass eine Geschichte entstand.

Schließlich entdeckte man die schwarze Farbe, das weiße Papier und fortan malte man Wörter, druckte sie - was zur Folge hatte, dass immer verschwenderischer damit umgegangen wurde. Milliarden von Büchern erschienen.

An all das erinnert der Lesemarathon im Gängeviertel, bei dem alle Bücher, die es gibt, in 48 Stunden gelesen werden. Millionen Vorleser drängen sich dann dort dicht an dicht und über der Hansestadt liegt ein festliches, hastiges Murmeln.