Bjørn Ingvaldsens skurrile Geschichte “Tote Finnen essen keine Fische“ bei den Vattenfall-Lesetagen

Und, was hast du so gelesen? Das ist natürlich die erste Frage, wenn man nach zwei Wochen Urlaub zurück ins Kulturressort kommt, und ja: Man kann bei dieser Frage durchaus verlieren. Zum Beispiel bei der Antwort: "Tote Finnen essen keinen Fisch". O Gott, sagen dann die Mienen der Kollegen, du liest so einen Trash?

Ja, so einen Trash. Das Cover sah super aus und klang titelmäßig dermaßen weit draußen, dass es für einen zweiwöchigen Urlaub genau das Richtige schien - zumal der in der eigenen Wohnung verlief und eben nicht, wie auf dem Buchcover angedeutet, vor malerischer Fjordkulisse. Aber das ist dann irgendwann wirklich egal, denn die Geschichte, die der norwegische Autor Bjørn Ingvaldsen in seinem Debütroman erzählt, ist unfassbar schnell und skurril, darüber darf man sich freuen. Da fängt der Urlaub nämlich gleich auf dem eigenen Sofa an.

Ingvaldsens Erzählung spielt in Hogna, einer kleinen Insel irgendwo vor Norwegen, wo sich das Leben um Autos und Frauen dreht, manchmal auch einfach nur um billigen Schnaps. Bewohnern öder Landstriche, egal wo auf der Welt, dürfte das vertraut vorkommen. Auf Hogna allerdings herrscht an Autos und Frauen ein so akuter Mangel, dass die einheimischen Junggesellen ein Festival organisieren, es soll heiratswillige Damen auf die Insel locken. Helfen sollen dabei Robbie Williams und die einzige ortsansässige Bank, sie wird geleitet vom Erzähler der Geschichte (von dem man hier nichts verraten darf, sonst ist die größte Überraschung dahin).

Deshalb in aller Kürze eine Zusammenfassung der restlichen Handlung: Ein deutscher Tourist ertrinkt und wird als Wasserleiche angeschwemmt, der neue Filialleiter reißt ihm erst einmal einen Arm aus. Ein illegales Spielkasino geht in Flammen auf, eine Klasse mit schwer erziehbaren Schülern erleidet Schiffbruch, vier finnische Musiker verenden in ihrem Tourbus, ein serbischer Asylbewerber wird im Moor versenkt, da lebt er aber noch. Drei seiner Kompagnons nehmen später die Teilnehmer eines Golfkursus als Geiseln, die im Asylbewerberheim übernachten, wovon sie nichts mitbekommen, weil sie ohnehin zu betrunken sind. Außerdem gibt es auf Hogna gar keinen Golfplatz. Und der Inhaber einer Lachszuchtanlage füttert seine Fische so lange mit verdorbenem Fuchsfutter, bis sie allesamt sterben und platzen, aber selbst daraus lässt sich auf Hogna noch ein Geschäft machen.

Das alles ist selten ernst, manchmal komisch - und manchmal sehr, sehr albern. Dazwischen schwankt die Geschichte, von der man leider nie so ganz weiß, ob sie in einer Welt spielt, wie sie Quentin Tarantino stets erschafft, voller Gewalt und absurder Gestalten, die Tarantino ja trotzdem immer ernst nimmt. Oder in der Welt der Kinderbücher, von denen der Autor zuvor schon zwei verfasst hat. Das hat er bestimmt ganz wunderbar gemacht.

Skandinavischer Abend heute, 19 Uhr, u. a. mit Audiobeiträgen von Gunnar Herrmann und Bjørn Ingvaldsen, Axel-Springer-Passage, Eintritt 7 Euro

Björn Ingvaldsen: "Tote Finnen essen keinen Fisch". KiWi, 304 S., 8,95